„Klarheit für alle Beteiligten“

Bundesweit hohes Interesse an einer höchstgerichtlichen Klärung der offenen Fragen im Kindergartenrecht / Anspruch auf Kostenersatz sehr enge Grenzen gesetzt / Ausbau der Kitas geht mit Hochdruck weiter.

‚Etwas enttäuscht und etwas zufrieden‘ zeigt sich der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling von dem heute ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig. Dieses hat in letzter Instanz der Klage eines Mainzer Elternpaares und ihres Kindes auf Kostenerstattung für einen selbst beschafften Betreuungsplatz für ihr Kind stattgegeben. „Ungeachtet der uns noch nicht vorliegenden detaillierten Urteilsbegründung würdigt dieses Urteil zwar nicht die Tatsache, dass die betroffenen Kommunen in Einzelfällen anspruchsberechtigten Kindern einen Betreuungsplatz nicht aus Fahrlässigkeit oder Willkür vorenthalten, sondern aus nicht selbst verschuldeten Kapazitätsengpässen heraus den Rechtsanspruch nicht oder nicht rechtzeitig erfüllen können bzw. konnten.

Letztlich aber hat das Bundesverwaltungsgericht – und das ist zu begrüßen – dem Anspruch auf Kostenersatz Grenzen gesetzt und sehr enge Voraussetzungen formuliert.“ Angesichts der ohnehin schon finanziell hoch belasteten kommunalen Kassen sei dies für die betroffenen Kommunen ein akzeptables Urteil. „Gleichwohl“, so machte er deutlich: „Das Urteil schafft Klarheit für Eltern und Kommunen. Das ist erst einmal positiv“! Ungebremst, so der OB, gehe der Ausbau der Kitas auch in Mainz voran. Bis Ende des Jahres stünden für rund 70 Prozent der Zweijährigen und über 40 Prozent der Einjährigen Plätze bereit.

Vorgeschichte:

In Rheinland-Pfalz haben Kinder ab zwei Jahren seit 1. August 2010 gesetzlich Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz (Urteil vom 25. Oktober 2012 (AZ 7 A 10671/12.OVG)) hätte die Stadt Mainz klagenden Eltern die Kosten für die Unterbringung ihres Kindes in einer privaten Einrichtung erstatten müssen, da ihr Kind einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz hatte, den die Stadt Mainz aber nicht (sofort) erfüllen konnte. Die Mainzer Familie hatte ihre zweijährige Tochter ein halbes Jahr lang in einer Elterninitiative untergebracht, da es in keiner städtischen Einrichtung einen freien Platz gab.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit hatte das OVG Koblenz die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen. Die Stadtverwaltung Mainz hatte diesen Weg beschritten und gegen das Urteil des OVG Koblenz Revision beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig eingelegt, mit dem Ziel mit einem Votum des obersten Verwaltungsgerichts die erforderliche Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für alle Betroffenen zu schaffen – für die Kinder, die Eltern sowie die Kommunen als Träger Jugendhilfe.
Grundsätzlich zu klären war die Frage „Haben Kinder und auch die Eltern einen Kostenersatzanspruch, wenn eine Kommune ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Bereitstellung eines Kindergartenplatzes nicht nachkommen kann.

“ Der Gesetzgeber hat einen solchen Anspruch, wie er hier Gegenstand des Streits ist, nicht geregelt. Die Gerichte der Vorinstanzen haben den Anspruch mit völlig unterschiedlicher Begründung lediglich auf allgemeine haftungsrechtliche Grundsätze gestützt, die nach Auffassung der Stadt Mainz in diesem Fall nicht zutreffen.

Hintergrund:

Da das Land Rheinland-Pfalz den Rechtsanspruch der Zweijährigen auf einen Kindergartenplatz früher als die anderen Bundesländer per Landesgesetz eingeführt habe, bestand nun erstmalig die Gelegenheit, dass das Bundesverwaltungsgericht Klarheit hinsichtlich der Rechtsgrundlage und des Umgangs eines möglichen Kostenerstattungsanspruchs schafft. Das sah auch der Städtetag Rheinland-Pfalz so, der die Auffassung der Landeshauptstadt teilte und diese in ihrem Vorgehen unterstützte.

Seit dem ab 1. August 2013 für Kinder von 1 bis drei Jahre bundesweit geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz standen zudem bundesweit viele weitere Kommunen vor denselben Rechtsfragen, was eine etwaige Kostenerstattungspflicht angeht. Auch daher bestand über die Landesgrenzen hinaus ein hohes Interesse an einer höchstgerichtlichen Klärung der offenen Fragen im Kindergartenrecht.