„Es gibt auch schon Tabugründe“

Bürgerinnen und Bürger beuschten mögliche Standorte für Windenenergieanlagen

Weinheim bindet Bürger bei der Planung von Windenergie ein – Bürgerwerkstatt am 25. Januar

 Bürgerbeteiligung ist kein Zuckerschlecken. Bei klirrender Kälte, vom Roten Kreuz zeitweise mit heißen Getränken versorgt, folgten rund 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger am Wochenende den Planern und Gutachtern zu möglichen oder auch nur in Erwägung gezogenen Standorten für Windenenergieanlagen auf Weinheimer Gemarkung.

Seitens der Stadt gaben Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner sowie Sven-Patrick Marx und Dietmar Schmittinger vom Amt für Stadtentwicklung einen Überblick über den Stand der Planung. Weitere Experten von Fachbüros standen für Fragen zur Verfügung. Um es vorweg zu nehmen: Obwohl die Kritiker von Windenergie bei den Vor-Ort-Terminen insbesondere in den Odenwaldgebieten Weinheims in der Mehrheit waren, schätzten sie durchaus die besonders offene und transparente Art der Bürgerbeteiligung. Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner bedankte sich daher nach fünf Stunden Gesprächen für die sachliche Atmosphäre.

Die Vertreter der Stadtverwaltung betonten dabei immer wieder, dass eine Änderung des Landesplanungsrechtes das Verfahren vor Ort in den Kommunen – wie in Weinheim – erforderlich mache. Denn die grün-rote Landesregierung wolle die Windenergie im Land deutlich ausbauen. Daher habe sie es möglich gemacht, dass Windanlagen künftig überall im Außenbereich einer Bebauung grundsätzlich zulässig seien. Die Kommunen haben aber die Chance, über eine Steuerungsplanung positiv Konzentrationszonen auszuweisen – und damit auf die Lage der Standorte wenigstens Einfluss zu nehmen. Durch eine solche positive Planung, so wurde es auch im Laufe des Nachmittags immer wieder betont, könnten aus kommunaler Sicht ungeeignete und störende Standorte vermieden werden. „So eine Planung ist für uns und unsere Bürger von Nutzen, alles andere wäre eine Verschlechterung“, so fasste es zum Beispiel Stadtrat Dr. Ditmar Flothmann zusammen.

Nach einem Gemeinderatsbeschluss im Herbst arbeitet das Amt für Stadtentwicklung gerade an der Aufstellung eines so genannten „Sachlichen Flächennutzungsplanes“, in dem eine solche Steuerung vorgesehen ist. Im Zuge dessen und einer breitestmöglichen Bürgerbeteiligung sammelt das Fachamt Bedenken und Anregungen. Die Frist für Einwendungen sei gegenüber ansonsten üblichen Planungsverfahren von einem auf drei Monate erweitert – so dass noch bis zum 9. Februar Anregungen entgegengenommen werden, teilte Dietmar Schmittinger mit.

Jedenfalls: Schon aus heutiger Sicht erscheinen zumindest drei der zunächst sechs angestrebten Konzentrationszonen als unwahrscheinlich bis unmöglich, das wurde bereits aus der ersten Phase der Einwendungen klar: Ein Standort in der Rheinebene scheitere unter anderem an dem dort aktiven Luftsportverein aber auch an möglichen Einflugschneisen in Richtung Frankfurt, was die Deutsche Flugsicherung zu Bedenken gab, außerdem gibt es dort Vorkommen artengeschützter Vogelarten. Hiervon sei auch der Standort „Hirschkopf“ betroffen. Standorte in einem Blickverhältnis zu Windeck und Wachenburg schließen die Planer nach Bedenken der Denkmalschutzbehörde mittlerweile ebenso aus. 

Insgesamt betrachtet gibt es so genannte Tabu- und Abwägungskriterien, wie Schmittinger erläuterte. Arten- und Denkmalschutz, sowie Bedenken der Flugsicherung seien klare Tabukriterien. An möglichen östlichen Standorten im Odenwald gebe es bislang hingegen noch keine Tabu- oder Ausschlusskriterien – allerdings durchaus Abwägungskriterien wie zum Beispiel den hohen Freizeit- und Naherholungswert. Allerdings gebe es am Eichelberg deutliche Hinweise auf ein Vorkommen des Roten Milan, was im Laufe des Frühjahres verifiziert werden könne. Dann wäre auch dieser Standort passé. Am wahrscheinlichsten sind derzeit die möglichen Standorte Geiersberg und die Anhöhe zwiwschen Ritschweier und Oberflockenbach. 

Die Erkenntnisse aus dem Vor-Ort-Termin sollen jetzt am Freitag, 25. Januar, in eine Bürgerwerkstatt einfließen, zu der auch Experten und Interessensvertreter in die Aula des Werner-Heisenberg-Gymnasiums eingeladen werden. Von 16.30 Uhr bis etwa 19.30 Uhr sollen die Bürger in Interessensgruppen ihre Standpunkte herausarbeiten um diese anschließend im Podium zu diskutieren. Das Ergebnis soll unter anderem dem Gemeinderat als Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt werden. Auch für diese Veranstaltung ist keine Anmeldungen erforderlich.

Eine weitere Veranstaltung ist am Samstag, 9. Februar geplant: Eine Wanderung ab der Ursenbacher Höhe (Treffpunkt 10 Uhr) mit Vertretern der Bürgerinitiative „Schützt den Eichelberg“. Am 9. Februar endet auch die Einspruchsfrist im Rahmen des Planverfahrens.

Die Planunterlagen können  bis  zum 9. Februar  im Foyer der Stadtbibliothek, Luisenstraße 5/1, während der Öffnungszeiten eingesehen werden. Weitergehende Auskünfte zum  sachlichen Teilflächennutzungsplan Windenergie  werden von Dietmar Schmittinger im Amt für Stadtentwicklung unter der Telefonnummer 06201/82-365  erteilt.

Während der Auslegungsfrist können Stellungnahmen abgegeben werden.

Alle Infos auch auf www.weinheim.de/Bauen und Wohnen/Bürgerbeteiligungen. Dort steht auch ein „Onlineformular" zur Verfügung, sowie die Visualisierungen der möglichen Standorte.