Neue Wege in der Kindertagespflege: Erstes Pflegenest im Neckar-Odenwald-Kreis

Das erste „Pflegenest“, ein Betreuungsmodell für Kinder unter drei Jahren, hat in Billigheim-Sulzbach bei Nathalie Fritz offiziell seine Pforten geöffnet.

Unterschiedliche Lebensentwürfe und Arbeitszeitmodelle brauchen unterschiedliche Betreuungsmodelle. Einer Altenpflegerin, die morgens um 6 Uhr ihren Dienst antreten muss, helfen bei der Betreuung ihres Kleinkindes auch die erweiterten Öffnungszeiten eines „normalen“ Kindergartens oder Hortes nicht. Die Gemeinde Billigheim setzt unter anderem auf Tagesmütter, um den Ausbau an Kinderbetreuungsplätzen und natürlich auch deren Vielfalt voranzutreiben. Denn ab August 2013 hat jedes Kind im Alter von unter drei Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. In diesem Zusammenhang wurde vom Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis das neue Betreuungs-Modell „Pflegenest“ konzipiert – und jetzt in Sulzbach in Gestalt der „Tigerbande“ mit einer offiziellen Vertragsunterzeichnung eröffnet.

In einem Pflegenest, so die Idee, werden maximal fünf Kinder im Alter von drei Monaten bis drei Jahren von Tagespflegepersonen in den eigenen Räumen betreut. Die Betreuungszeiten können flexibel vereinbart werden und richten sich nach dem jeweiligen Bedarf. Das Konzept basiert auf kleinen Einheiten und damit auf familienähnlichen Strukturen. Finanziell interessant wird dieses Modell unter anderem deshalb, weil die Tagesmutter  oder -vater einen Zuschuss der Gemeinde in Höhe von 500 Euro pro Monat erhält.

Natalie Fritz leitet mit Katrin Lorenz und der Unterstützung ihrer ganzen Familie die Tigerbande. Nach dem Fachabitur hat sie eine Ausbildung im Gesundheits- und Sozialwesen absolviert, war 13 Monate als au-pair in Amerika. Danach stand fest: Ein Leben ohne Kinder ist für sie nicht vorstellbar. Zu den beiden eigenen Töchtern kamen sehr bald Kinder in der Tagespflege. Die Räume wurden angepasst und ausgebaut. Mittlerweile warten auf die Kleinen ein liebevoll ausgestattetes großes Spielzimmer, Schlafmöglichkeiten und ein riesiger Außenbereich mit Spielgeräten. Natalie Fritz ist engagiert und erfahren, die anspruchsvolle und zeitaufwändige Schulung zur „qualifizierten Tagespflegeperson“ hat sie ganz selbstverständlich absolviert. Die Nachfrage ist da: je nach Schicht der Mutter wird das erste Kleinkind schon morgens um 5.30 gebracht. Das bei Nathalie Fritz dann gleich weiterschläft. Ein anderes bleibt manchmal bis abends um 19.30 Uhr – ebenfalls abhängig von den Arbeitszeiten der Mama. Auch über das Wochenende stehen Natalie Fritz und Katrin Lorenz zur Verfügung. Flexibel eben. Wie es das Leben einfach erfordert. Und die eigenen Kinder? „Lea und Maja freuen sich immer über Spielkameraden. Wenn mal niemand da ist, fehlt ihnen was“, erklärt ihre Mama.  

Auch Schulkinder hat Nathalie Fritz im Übrigen schon parallel betreut. Wer Interesse oder Bedarf hat, kann unter der Tel. 06265/349379 direkt Kontakt aufnehmen, denn derzeit ist die „Tigerbande“ gerade offen für Verstärkung.

Zusätzlich gibt es in der Gemeinde Billigheim noch weitere Anreize, die die Tätigkeit in der Kindertagespflege interessanter machen: Beim sogenannten „Basiszuschuss-Modell“ übernimmt die Gemeinde Billigheim die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge der Tagespflegepersonen. Beim Modell „Flexible Tagespflege“ erhalten die Tagespflegepersonen einen Zuschuss, wenn sie bereit sind auch außergewöhnliche Betreuungszeiten abzudecken. So werden die Zeiten von 17 bis 7 Uhr sowie an Feiertagen und Wochenenden mit einem Euro pro Stunde und Kind bezuschusst. Bürgermeister Reinhold Berberich, der den Vertrag mit unterzeichnet hat, ist diese „wertvolle Ergänzung“ sehr wichtig: „Diese hohe Flexibilität können die Kindergärten einfach nicht bieten. Deshalb setzen wir ergänzend auf Tagesmütter oder –väter und sind froh über jeden in Billigheim und den Ortsteilen, die sich für diese Tätigkeit interessieren. “

In Vertretung von Landrat Dr. Achim Brötel freute sich auch Renate Körber, die Fachbereichsleiterin Jugend und Soziales vom Landratsamt, über diese „Premiere“ in Sulzbach. Nadine Polk aus ihrem Fachbereich hat das Pflegenest-Modell konzipiert und mit allen Beteiligten ausgehandelt.  „Die Qualität in der Kindertagespflege steigt kontinuierlich“, so die beiden Fachfrauen: „Zusätzlich zum  Qualifizierungskurs mit 160 Unterrichtseinheiten stehen regelmäßig Fortbildungen an. Mit den Zuschussmodellen erhoffen wir, neue Tagesmütter oder auch –väter  zu gewinnen und bereits aktive Tagespflegepersonen langfristig halten zu können, um so flexible und kindgerechte Betreuungsmöglichkeiten für berufstätige Eltern anzubieten.“

Ein Anliegen, das auch Landrat Dr. Achim Brötel wichtig ist: „Das Land fördert über den „Pakt für Familien mit Kindern“ die Kleinkindbetreuung auch finanziell in erheblich größerem Umfang als zuvor. Wir im Landratsamt haben unsere Hausaufgaben ebenfalls gemacht und es ist schön zu sehen, dass diese gemeinsamen Anstrengungen jetzt Früchte tragen und neue Betreuungsmodelle entstehen, die echte win-win-Situationen für wirklich alle Beteiligten bieten: Für die Eltern mit ihren Kindern, die Tagespflegepersonen und auch für die Gemeinden.“

Unverbindliche Informationen über die Tätigkeit als Tagesmutter bzw. Tagesvater gibt es bei Nadine Polk (Raum Mosbach) unter Tel. 06261/842106 oder bei Gunther Hansen (Raum Buchen) unter Tel. 06281/52122103.