Forschung im Zoo Heidelberg: Das Haltungskonzept der „Elefanten-Jungbullen WG“ wurde wissenschaftlich bestätigt

Susan Hambrecht vor der Elefanten-Außenanlage. Im Hintergrund Elefantenbulle Voi Nam.

Zoos leisten nicht nur durch die Haltung und Nachzucht gefährdeter Tierarten einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Sie bieten auch die Möglichkeit, Studien, die im Freiland nur unter großem finanziellem und methodischem Aufwand möglich wären, unter kontrollierbaren Bedingungen durchzuführen.

Eine solche Studie hat die Diplom-Biologin Susan Hambrecht über die Heidelberger „Elefanten-WG“ durchgeführt. Der Zoo hält derzeit die einzige Gruppe junger Elefantenbullen in Deutschland. Diese Haltungsform hat gewichtige Gründe: Männliche Elefanten werden – ob in freier Wildbahn oder im Zoo – im Alter von etwa 4-5 Jahren aus ihrer Geburtsgruppe heraus gedrängt. In diesem Alter sind sie aber noch zu jung, um von den Kühen als Zuchtpartner akzeptiert zu werden. Damit die jungen Bullen in der Zwischenzeit in einer natürlichen Sozialstruktur aufwachsen können, leben sie für einige Jahre im Zoo Heidelberg. Wie in freier Wildbahn auch, lernen die jungen männlichen Elefanten das so wichtige Gruppenverhalten. Die wissenschaftliche Dokumentation des Sozialverhaltens der jungen Elefantenbullen Voi Nam, Thai, Tarak und Gandhi ist von besonderem Interesse, da der Zoo Heidelberg im Jahr 2010 mit der Haltung von Jungbullengruppen tiergärtnerisches und wissenschaftliches Neuland betrat. Die Eingliederung eines weiteren jungen Elefanten in eine bestehende Gruppe – der jüngste Bulle Gandhi kam erst 2011 im Alter von fünf Jahren in die etablierte Dreier-Gruppe – wurde bislang sogar noch nie versucht.

Da die Jungbullenhaltung in Zoos weltweit noch in Kinderschuhen steckt, war der Zoo Heidelberg froh über die Anfrage von Hambrecht, ihre Diplomarbeit über das Haltungskonzept durchführen zu dürfen. Ziel der Studie war es, die Beziehungen zwischen den vier Jungbullen, deren Charakter und im Speziellen die Entwicklung und Integration des jüngsten Bullen Gandhi beobachtend zu untersuchen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass es sich gelohnt hat, dieses Experiment zu wagen: Elefantenbullen gelten fälschlicherweise als einzelgängerisch und unsozial. Doch sowohl die Erkenntnisse aus dem Freiland als auch die Heidelberger Jungbullenhaltung zeigen deutlich, dass diese Auffassung überholt ist, was nun auch wissenschaftlich bestätigt wurde. Die erfolgreiche Integration von Gandhi und die gruppendynamische Beziehungsstruktur, die mit Bullengruppen in freier Wildbahn vergleichbar ist, sprechen klar für das Konzept „Jungbullen-WG“. Die vier Jungbullen zeigen ein ausgeprägtes Sozialverhalten und eine stabile Rangfolge. Aggressionen sind selten. Das täglich beobachtete Spielverhalten bestätigt, dass sich alle vier Elefanten jungbullentypisch entwickeln. Außerdem scheinen vor allem die Persönlichkeit und die vorab gemachten Erfahrungen der Elefanten zu bestimmen, ob sich aus einer Gruppe sich unbekannter Elefanten eine stabile Herde bildet und ob und wie schnell ein fremder Jungbulle in eine bestehende Herde integriert wird. Womöglich ist die Struktur und Dynamik von Herdenbildung bei Elefanten immer einzigartig, da vom individuellen Charakter und der „Teamfähigkeit“ der Elefanten abhängig.