Gemeinsam unterwegs auf dem „Pilgerweg der Ökumene“

Die Teilnehmenden des Pfarrkollegs vor dem Seitenportal des Doms von Florenz.

Ökumene als „gemeinsamer Pilgerweg“ – Diesen Gedanken von Kardinal Walter Kasper, dem langjährigen Präsidenten des Päpstlichen Einheitsrates, machten sich 14 Pfarrerinnen und Pfarrer der protestantischen Landeskirche und ebenso viele Priester und Pastoralreferentinnen und –referenten des Bistums Speyer zu Eigen. Gemeinsam brachen sie auf, um zehn Tage in Florenz zu verbringen. Seit fast 40 Jahren finden im zweijährigen Rhythmus Pfarrkollegs statt, die an ökumenisch bedeutsame Orte führen und dazu beitragen, das gute Miteinander der beiden Kirchen zu vertiefen.

Das diesjährige Kolleg wurde vorwiegend von Pfarrerin Christine Klein-Müller, Referentin im Landeskirchenrat der evangelischen Kirche der Pfalz, vorbereitet. Sie legte den thematischen Schwerpunkt auf das Kennenlernen der Waldenserkirche. Deshalb tagte das Pfarrkolleg auch in einem Gästehaus der „Chiesa Valdese“, einem historischen „Palazzo“ im Stadtzentrum von Florenz. Einblicke in die wechselvolle Geschichte und die aktuelle Situation der „Chiesa Valdese“ gaben ein Professor der kircheneigenen theologischen Fakultät in Rom sowie mehrere Gemeindepfarrer. So erfuhren die Teilnehmenden des Pfarrkollegs, dass die Wurzeln der Waldenserkirche bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen. Von der römischen Kirche wurden ihre Anhänger lange Zeit als Ketzer verfolgt. Im 16. Jahrhundert schloss sich die Waldenserkirche der Reformation an, nachdem sie mit deren Anliegen größtenteils übereinstimmte. Erst im Jahr 1848 wurden die Waldenser in Italien als freie Bürger mit allen Rechten anerkannt. Heute gehören ihr in Italien ca. 30.000, weltweit knapp 100.000 Mitglieder an.

Auch wenn die Waldenser in Italien eine Minderheit sind, werden sie doch wegen ihres sozialen und diakonischen Engagements wahrgenommen und geschätzt. Dieses Engagement stellte eine Mitarbeiterin des Zentrums für Migration und Asyl, einer Einrichtung aller evangelischen Kirchen in Italien, vor. Sie berichtete vom wachsenden Strom illegaler Einwanderer aus Nordafrika wie auch von Problemen im Umgang mit den vielen Roma, die seit Jahrhunderten im Land leben. Das Zentrum leistet den Migranten und Asylanten konkrete Hilfe und versucht gleichzeitig, durch gezielte Information den aufkeimenden Rassismus zu bekämpfen.
Beeindruckt zeigten sich die Teilnehmer des Pfarrkollegs von der Begegnung mit Vertretern der Gemeinschaft Sant´ Egidio. Seit über 40 Jahren schließen sich weltweit junge Christen zusammen, um miteinander zu beten und das Wort Gottes zu teilen. Beides motiviert sie, sich in ihrem Umfeld für sozial Benachteiligte und für den Dialog zwischen Kirchen, Religionen und Kulturen einzusetzen. Selbst Kriege, wie der jahrzehntelange Bürgerkrieg in Mosambik, konnten durch den Einsatz der Gemeinschaft schon beendet werden. Etwas von der Kraft von Gebet und Bibel als Grundlagen für ihren Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit wurde bei der Teilnahme am täglichen Abendgebet spürbar.

Weiter standen Begegnungen mit dem Erzbischof von Florenz, Kardinal Giuseppe Betori, mit Mitgliedern der deutschsprachigen lutherischen und katholischen Gemeinden in Florenz sowie mit der örtlichen Baptistengemeinde auf dem Programm. Aus Anlass des 50. Jahrestags des Konzilsbeginns hielt der Ökumenereferent des Bistums Dr. Thomas Stubenrauch einen Vortrag zum Thema „Das II. Vatikanische Konzil und die Ökumene“. Die vorgestellten Konzilstexte wie auch die Zeitzeugenberichte der teilnehmenden Ruhestandspfarrer regten die Zuhörer zu einer intensiven Diskussion, zum Beispiel über die Stellung der Frau in der Kirche, an.

Neben theologischen und pastoralen Fragen kam aber auch der kulturelle Aspekt nicht zu kurz. Zwei Stadtführungen durch Florenz als Wiege der Renaissance, Ausflüge in die benachbarten Städte Siena und Pisa, ein Konzertbesuch und ein kulinarischer Abend in einer typisch italienischen Trattoria rundeten das Programm ab.

Unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Pfarrkollegs sind die täglichen Gottesdienste. Bei einer gemeinsamen Eucharistiefeier predigte Domdekan Dr. Christoph Kohl über die Notwendigkeit für beide Kirchen, die christliche Botschaft von der Erlösung des Menschen auch konkret erfahrbar werden zu lassen. Am Sonntag trugen die Teilnehmer des Kollegs mit mehreren vierstimmigen Chorsätzen zur musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes der Waldensergemeinde in Siena bei. Von den Pfarrkollegsmitgliedern selbst gestaltet und entsprechend abwechslungsreich waren die Andachten am Beginn oder am Ende jedes Tages.

Alle waren sich einig, dass auch dieses Pfarrkolleg einen wichtigen Beitrag zum „gemeinsamen Pilgerweg“ von Bistum und Landeskirche geleistet hat. Die Teilnehmer lernten nicht nur eine andere Kirche in einem anderen Land kennen. Vielmehr regte dieser Blick über den kirchlichen und soziokulturellen Tellerrand auch zur kritischen Reflexion des eigenen Denkens an. Zugleich wurde ein Rahmen geboten, in dem man untereinander über die jeweiligen Selbstverständnisse ins Gespräch kommen und manche Vorurteile abbauen konnte. Dass der Wunsch nach einer Neuauflage in zwei Jahren groß ist, zeigte sich daran, dass gegen Ende immer wieder Ideen genannt wurden, wohin das nächste Pfarrkolleg gehen könnte: Spanien, Irland, Ägypten, Frankreich, Slowakei … Der ökumenische Pilgerweg kann also weitergehen.