Kneipen dürfen weiterhin länger öffnen

Probephase für Sperrzeiten um zwei Jahre verlängert

Blick auf die Heidelberger City
Blick auf die Heidelberger City (Foto: Pixabay)

Heidelberg – Kneipen und Gaststätten in der Heidelberger Altstadt dürfen weiterhin an Wochentagen bis 3 Uhr und am Wochenende bis 5 Uhr Gäste bewirten. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. März 2016, beschlossen, dass die Probephase für die Sperrzeiten um zwei Jahre verlängert wird. Zudem soll der „Runde Tisch Pro Altstadt“ wieder tagen und eine Selbstverpflichtungserklärung für Wirte erarbeiten. Der Gemeinderat hat außerdem beschlossen, dass auf Basis eines neuen Lärmgutachtens ein Programm für Lärmschutzfenster aufgelegt werden soll.

In der Altstadt dürfen Kneipen und Gaststätten seit 1. Januar 2015 entsprechend der baden-württembergischen Landesregelung länger öffnen: wochentags bis 3 Uhr, in den Nächten auf Samstag und Sonntag bis 5 Uhr. Vorher hatte in der Kernaltstadt eine Sonderregelung gegolten, nach der Gaststätten spätestens um 2 Uhr beziehungsweise um 3 Uhr schließen mussten. Von der Einführung der Landesregelung hatte sich eine Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder versprochen, dass die Besucherströme nachts entzerrt werden und dass dadurch in den Altstadtgassen mehr Ruhe einkehrt.

Kommunaler Ordnungsdienst und Polizei: Es ist in mehr Straßen länger laut

Die Berichte des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) und der Polizei zeichnen für das Jahr 2015 allerdings ein anderes Bild, nämlich dass Ruhe- und Ordnungsstörungen in der Altstadt zugenommen haben. Die Stadtverwaltung kommt zu dem Fazit, dass die landesweite Sperrzeitregelung nicht zu der erhofften Entzerrung des Gästeaufkommens geführt hat. Der Bericht des KOD zeigt, dass durch die Sperrzeitverkürzung bis 5 Uhr nun auch verstärkt zwischen 3 und 5 Uhr alkoholisierte Ruhestörer und sich laut unterhaltende Gäste oder Passanten in den Altstadtstraßen anzutreffen sind und die Nachtruhe stören. Dabei ist häufig ein hohes Aggressions- und Gewaltpotential festzustellen. Eine Zuordnung dieser Personen zu bestimmten Gaststätten ist jedoch in den meisten Fällen nicht möglich. Daher kommen in der Regel auch keine Einzelmaßnahmen gegen bestimmte Gaststätten wegen Lärm oder Ruhestörungen durch Gäste, die sich im Umfeld der Gaststätten aufhalten, in Betracht.

Selbstverpflichtungserklärung der Wirte und Programm für Lärmschutzfenster

Der Gemeinderat hat nun zwei konkrete Maßnahmen beschlossen, um die Lärmprobleme künftig in den Griff zu bekommen:

Selbstverpflichtungserklärung: Gemeinsam mit den Gastronomiebetrieben, der Anwohnerschaft und der Polizei soll die Stadtverwaltung eine Selbstverpflichtungserklärung für Wirte erarbeiten. Ziel ist der verantwortungsvolle Umgang mit Alkohol und der Verzicht auf Werbe- und Vermarktungskonzepte der Gastronomie, die typischerweise zu einem verstärkten Konsum von Alkoholika führen (zum Beispiel Flatrate-Partys, Billigangebote von alkoholischen Getränken, Happy Hour ab 0 Uhr). Die Namen der Gastronomiebetriebe, die diese Selbstverpflichtung unterzeichnen, sollen in einer „Positivliste“ veröffentlicht werden. Flankiert werden soll die Maßnahme durch Öffentlichkeitsarbeit, unter anderem zu den Themen Gewaltprävention, Alkoholkonsum und Lärm.

Lärmschutzfenster: Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept für ein Förderprogramm zu Lärmschutzfenstern zu erarbeitet. Über das Konzept soll dann bei den Haushaltsberatungen 2017/2018 vom Gemeinderat entschieden werden.

Infobox: Runder Tisch und 58-Punkte-Plan 

Die unterschiedlichen Nutzungsinteressen in der Altstadt haben in den vergangenen Jahren zunehmend zu Konflikten geführt. Ende 2009 hatte die Stadt den „Runden Tisch Pro Altstadt“ initiiert, um alle Akteure an einer Lösungsstrategie zu beteiligen. Nach vier Treffen des „Runden Tisches“ war im März 2010 ein 58 Punkte umfassendes Handlungskonzept geschnürt worden mit präventiven und repressiven Handlungsansätzen. Die meisten Themen wurden zwischenzeitlich erfolgreich bearbeitet. Nur wenige Punkte konnten aus rechtlichen oder anderweitigen Gründen nicht umgesetzt werden.