Mannheim: Unternehmen bringen junge Geflüchtete in Ausbildung

Mannheim – Unbegleitete minderjährige Ausländer (umA) bergen ein großes Potential, das vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der deutschen Bevölkerung nicht ungenutzt bleiben darf.

Bundesweit herrscht ein hohes Interesse, die Jugendlichen schnellstmöglich in die Gesellschaft zu integrieren. Damit das gelingt, müssen ihnen Perspektiven aufgezeigt und Chancen eröffnet werden, auf dem hiesigen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Im Frühjahr 2016 haben sich Mannheimer Unternehmen wie ABB, Caterpillar, Daimler, John Deere, Pepperl + Fuchs und Roche sowie Südwestmetall, die IHK Rhein-Neckar und die Justus-von-Liebig-Schule gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und der Stadt bei dem Projekt „Flüchtlinge in Ausbildung“ auf den Weg gemacht, dieses herausforderungsreiche Unterfangen in die Tat umzusetzen.

„Wir haben eine gesellschaftliche Verpflichtung“, nennt Ingolf Prüfer, Personaldirektor bei John Deere und Vorsitzender der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar, den Hauptgrund für das Engagement des Landmaschinenherstellers. Vier junge Flüchtlinge haben zunächst ein Praktikum in der Ausbildungswerkstatt der Mannheimer Traktorenfabrik absolviert. Für die Praktikanten und Ausbilder war die Sprachbarriere eine große Herausforderung. Nur bei einem Flüchtling aus Bangladesh waren die Deutschkenntnisse gut genug, um eine Ausbildung als Industriemechaniker beginnen zu können. Aufgrund seines Abiturs und der Unterbringung in einer Pflegefamilie lernte er die Sprache wesentlich schneller als die anderen Flüchtlinge.

John Deere hat die Ausbildungsstelle zusätzlich zu den bestehenden Industriemechaniker-Lehrstellen geschaffen und möchte damit ein Zeichen setzen. „Außerdem werden wir die Integration weiter unterstützen und geben fünf neuen minderjährigen Flüchtlingen eine Chance als Praktikanten“, unterstreicht Ingolf Prüfer das Engagement des Landtechnikherstellers.

Weg zu Teilhabe führt über Sprache

Der direkte Weg zu gesellschaftlicher Teilhabe führt über die Sprache, weshalb die jungen Flüchtlinge mit günstiger Bleibeperspektive auch zunächst in vorbereitende Maßnahmen wie Sprachunterricht vermittelt werden. Darauf folgt die sogenannte Einstiegsqualifizierung mit betrieblichen und schulischen Phasen sowie weiteren Sprachkursen, die bis zu zwölf Monaten dauern kann. „Die Bundesagentur für Arbeit finanzierte bislang rund 2.400 Eintritte in Einstiegskurse, um ein Ankommen und eine Erstorientierung zu ermöglichen“, unterstrich Ulrich Manz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mannheim, das große Engagement. „Das Angebot wurde sehr gut angenommen“, so Manz weiter. In Mannheim ist das Jugendamt für rund 230 unbegleitete minderjährige Ausländer (umA) zuständig und prüft in ausführlichen Beratungsgesprächen Chancen und Zugangsvoraussetzungen für eine Teilnahme.

36 Kandidaten starteten in der ersten Runde des Projektes in Vormaßnahmen, an der Einstiegsqualifizierung nahmen noch 21 Jugendliche teil. Davon haben 5 in Mannheim lebende umA im September eine Ausbildung begonnen, ein weiterer hat seinen Ausbildungsplatz im Jahr 2017 sicher. In der gerade gestarteten zweiten Runde von „Flüchtlinge in Ausbildung“ wurde der Personenkreis von 14 jungen Geflüchteten auch auf Jugendliche ausgeweitet, die hier aufgewachsen sind. Insgesamt zählt die Initiative 25 Teilnehmer. Bildungsbürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb begrüßt das Projekt Flüchtlinge in Ausbildung und lobt: „Damit bieten die Projektpartner jungen Menschen mit Fluchterfahrung wertvolle Möglichkeiten, sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren und im optimalen Fall sogar über eine Ausbildung beruflich zu qualifizieren.“ Die begleitenden Sprachkurse seien eine elementare Ergänzung dieses Angebots. Als Jugendbürgermeisterin freue sie sich sehr darüber, dass besonders unbegleitete minderjährige Ausländer durch dieses Projekt hervorragende Chancen bekommen, sich beruflich zu orientieren und zu verselbständigen. „Dass bereits fünf unbegleitete minderjährige Ausländer durch das Projekt in Ausbildung gekommen sind und ein weiterer eine Zusage für 2017 hat, können wir als ersten großen Erfolg werten“, verdeutlicht die Dezernentin ihr hohes Interesse an der Fortführung des Projektes.