Karlsruhe: Die Erfindung der längsten Suche der Welt – Ultraquest

Über ein Spiel, das einen nicht loslässt

Der Erfinder uns sein Spiel (Foto: Flying Games Karlsruhe)
Der Erfinder uns sein Spiel (Foto: Flying Games Karlsruhe)

Karlsruhe. Es gibt sie noch, die kleinen Spielverlage, die ausgereifte und spannende Spiele im Programm haben. „Flying Games“ aus Karlsruhe, eigentlich auf Zubehör für sog. „Table Top-Spiele“ spezialisiert (eine Art Gruppenkampf in Märklin-Welten, nur ohne Eisenbahnen), ist einer davon. Nach dem Achtungserfolg des kleinen, aber liebvoll gemachten Brettspiels „Raus aus dem Verlies“ erschien nun ein weiter größeres Werk. „Ultraquest“ verspricht schon vom Namen her mehr als nur einfaches Würfeln und Weiterziehen.

Das Spiel ist vom Prinzip her ein Brettspiel und doch ist es eben kein ganz typisches Produkt für das Gemeinschaftsvergnügen auf dem Wohnzimmertisch – „Ultraquest“ weicht vom normalen Brettspiel so weit ab, dass man es fast in eine andere, neue Kategorie stecken will. Doch welche soll das sein? Diese müsste nämlich erst erfunden werden. Gerade diese Unkonventionalität ist das große Plus des Spiels.

Zunächst ist „Ultraquest“ kein Produkt der bekannten, großen Spielfirmen. Nichtsdestotrotz erscheint es in einer professionell gemachten Schachtel. Auffällig ist, dass es auf den bekannten Plastikeinsatz verzichtet, der bekanntermaßen eigentlich nur Platz vergeudet. Auf dem Cover prangt eine illustre Gruppe Fabelwesen inmitten einer Schlucht, die nach vorne, dem Spieler entgegen, offenbar nur eine Ziel kennt: Hinaus, ins Ungewisse!

„Auf ins Abenteuerland!“ …möchte man rufen, wäre diese an sich schöne Bezeichnung nicht durch eine populäre deutsche Schlagerband völlig ins Kitschig-Emotionale verschoben.

Doch was ist „Ultraquest“? Wie spielt man es? „Es ist klassisches Fantasy-Rollenspiel in Kleinform“ sagen manche. Die Hatz mit einer bunt zusammengestellten Gruppe aus Kämpfern, Zauberern, Elfen und Zwergen nach Ruhm und Ehre ist die Normalform des Rollenspiels. Sie wurde und wird millionenfach Abend für Abend von den Anhängern dieser Form gespielt, meist in sogenannten Kampagnen, die sich über mehrere Abende hinziehen, oft sogar über Wochen und Monate. Das mag viele potentiell Interessierte abschrecken, zumal die Qualität solcher Gruppen stark schwankt.

Und nun kommt „Ultraquest“. Das Spiel besetzt hier ein Nische, die kaum größer sein könnte: Es vereint die Vorteile der Kurzweiligkeit eines Brettspiels mit dem Großartigkeit (im wortwörtlichen Sinne) eines Rollenspiels. Konkret bedeutet es, dass die Spieler mit einer kleinen Abenteurergruppe über das Spielfeld, die eine Landkarte ist, ziehen. Die Ereignisse auf dieser Reise bestimmt der Würfel, zwei zehnseitige Würfelergebnisse werden zu einem Ergebnis zwischen 1-100 und dann im dicken Ereignisbuch nachgeschlagen. Es gibt zwar nicht für jedes einzelne Würfelergebnisse ein einzelnes zugewiesenes Ereignis, aber da viele Gegenden der Landkarte ihren eigenen Erzählbereich haben, kommen schon sehr viele große und kleine Abenteuer zusammen.

Der Spielspaß fängt übrigens schon bei der Zusammenstellung der Abenteurergruppe an: Die Möglichkeiten, für nur vier Gruppenmitglieder sechs Berufe mit acht Rassen kombinieren zu können, übersteigt fast das Fassungsvermögen. Die Auswahl bleibt dabei dem klassischen Fantasy-Genre treu: Elfen, Menschen, Zwergen und Halblinge sind Waldläufer, Zauberer oder Krieger, um nur einen kleinen Ausschnitt zu nennen. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die „Halbenten“. Für die Zusammenstellung der Abenteurergruppe sollte man sich schon eine halbe Stunde Zeit nehmen. Wer möchte, kann dies in Ruhe alleine tun, bevor das Spiel richtig losgeht. Diese Gruppe kann dann auch – bei guter Führung durch den Spieler – über einen langen Zeitraum genutzt werden und sich kontinuierlich in ihren Fähigkeiten verbessern.

Die Entwicklungszeit betrug sage und schreibe 14 Jahre. Der Erfinder, Gestalter und Herausgeber Markus Still, wollte keinen Schnellschuss fabrizieren. „Das Spiel war in der Entwicklung sehr komplex und durchlief einige grundlegende Designänderungen, um den Reifegrad der jetzigen Version zu erreichen“, erläutert der 45-Jährige. Stills Verlag „Flying Games“ im beschaulichen Karlsruher Stadtteil Grötzingen hat nun mit „Ultraquest“ einen echten Verkaufserfolg, auch wenn sich die Auflagenhöhe natürlich nicht an die der großen Verlage messen lassen kann.

„Es gab in den letzten Jahren etwa 80 bis 100 Testspieler, die das Spiel in hunderten von Spielen eingehend geprüft haben“ berichtet Still von der akribischen Vorbereitung. Wie kam es gerade zu einem Spiel wie „Ultraquest“? „Der wichtigste Beweggrund war: Ich wollte ein Fantasy-Quest-Spiel machen, das von der Zahl der Ereignisse alles in den Schatten stellt, was bisher da gewesen ist. Im Ereignisbuch stehen über 1100 Ereignisse, die obendrein noch oft variiert werden.“

Größter Pluspunkt von „Ultraquest“ ist die zeitliche Überschaubarkeit: Ein gleitendes Ein- und Aussteigen von Mitmachern mit ihren Abenteurergruppen ist problemlos möglich, solange immer noch ein Minimum von zwei Spieler übrig bleibt. Man hat aber schon von „Ultraquest“-Fans gehört, die sogar alleine Spaß an diesem quasi längsten Abenteuer der Welt hatten. Einziger, sprichwörtlicher Wermutstropfen im Becher der Spielfreude ist das recht umfangreiche Regelwerk. Wäre es jedoch knapper, hätte man nicht stundenlang Spaß an „Ultraquest“.

„Ultraquest“

2 bis 5 Spieler
variable Spieldauer
Flying Games Karlsruhe
Preis: 42,00 Euro inklusive Versand
www.flyinggames.de