Mainz: Gute Fahrt für die Mainzelbahn

Neubaustrecke vom Hauptbahnhof zum Lerchenberg feierlich eröffnet – Am Sonntag Straßenbahn-Freifahrten für alle Bürgerinnen und Bürger

Feierliche Eröffnung der Mainzer Mainzelbahn , (Foto: Alexander Heimann / Vollformat Fotografie Dziemballa Heimann UG)
Feierliche Eröffnung der Mainzer Mainzelbahn , (Foto: Alexander Heimann / Vollformat Fotografie Dziemballa Heimann UG)

Mainz – Nach rund zweieinhalbjähriger Bauzeit ist heute in Mainz die neue Straßenbahn-Strecke vom Hauptbahnhof-West zum Lerchenberg mit offiziellen Eröffnungsfahrten, einer Einweihungsfeier sowie Freifahrten für insgesamt 999 Gewinner in Betrieb genommen worden. Zum Fahrplanwechsel am morgigen Sonntag, 11. Dezember 2016, wird die Mainzelbahn-Strecke fester Bestandteil des neuen Fahrplans der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG). Die etwa 9,2 Kilometer lange doppelgleisige Neubaustrecke führt vom Hauptbahnhof an der Universität vorbei durch Bretzenheim, Marienborn bis zum Lerchenberg. Die Kosten belaufen sich nach derzeitigem Stand auf rund 90 Millionen Euro, ein Großteil davon tragen der Bund und das Land-Rheinland-Pfalz, die ergänzende Finanzierung übernimmt die Mainzer Stadtwerke AG (MSW) als Muttergesellschaft der Mainzer Verkehrsgesellschaft.

„Die Mainzelbahn-Strecke wird eine Bereicherung sein für unsere Landeshauptstadt, da bin ich mir sicher“, erklärte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer in einer Videobotschaft im Rahmen der Feierstunde im Lerchenberger Bürgerhaus. Die wachsende Landeshauptstadt brauche auch eine wachsende Mobilität, sagte die Ministerpräsidentin und wünschte der Mainzelbahn eine gute Fahrt.
Oberbürgermeister Michael Ebling wies darauf hin, dass am Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs kein Weg vorbei führt. „Die Stadt Mainz wächst und hat jetzt 215.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Das freut uns sehr, doch zusätzliche Wohngebiete wie am Zoll- und am Winterhafen oder im Heiligkreuz-Viertel auf dem früheren IBM-Gelände sowie eine boomende Universität bringen auch zusätzlichen Verkehr mit sich.“ Darauf müsse eine moderne und umweltbewusste städtische Verkehrspolitik Antworten finden. Ebling: „Die Mainzelbahn ist eine solche Antwort. Diese Straßenbahn-Strecke wird den Öffentlichen Personennahverkehr deutlich nach vorne bringen.“

Davon ist auch die Mainzer Umwelt- und Verkehrsdezernentin Katrin Eder überzeugt: „Die Strecke vom Hauptbahnhof zum Lerchenberg wird dafür sorgen, dass über eine Million Fahrgäste pro Jahr in Mainz zusätzlich auf Bus und Straßenbahn umsteigen werden.“ Die Mainzelbahn werde außerdem auch die Engpässe im ÖPNV zwischen dem Hauptbahnhof und der Universität, wo bisher etwa 1200 Busse täglich gefahren sind, deutlich entschärfen und durch die Direktfahrten der Straßenbahn den Bahnhofsvorplatz deutlich entlasten. Eder: „Die Straßenbahn befördert fast doppelt so viele Fahrgäste wie ein Bus – sie ist also wesentlich leistungsfähiger und bietet zudem neue attraktive Direktverbindungen etwa aus der Neustadt und der Oberstadt zur Universität und Hochschule.“

Der Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium, Andy Becht, zeigte sich überzeugt davon, dass die finanzielle Unterstützung der neuen Straßenbahn-Verbindung durch Bund und Land gut angelegtes Geld ist und war auch angetan von der vergleichsweise kurzen Realisierungszeit. „Ein wichtiger Punkt aus Sicht des Landes ist die gute Verknüpfung der Straßenbahn mit dem erfolgreichen Rheinland-Pfalz-Takt am Bahnhof Marienborn. Damit bewirkt die Mainzelbahn auch über die Stadtgrenze hinaus für das Umland eine deutliche Verbesserung im ÖPNV.“

Stadtwerke-Vorstand Detlev Höhne, der die Feierstunde moderierte, zeigte sich froh darüber, dass die Mainzelbahn im Laufe der Jahre ein Projekt der Bürgerinnen und Bürger geworden ist. „Als kommunales Unternehmen haben wir von Anfang an auf eine möglichst weitreichende Bürgerbeteiligung großen Wert gelegt. Die vielen Workshops in den Stadtteilen, die vielen Informationsabende haben sich gelohnt. Denn dadurch wurde nicht nur die Planung der neuen Straßenbahnverbindung auch tatsächlich besser. Viele Menschen haben im Laufe des Beteiligungsprozesses auch das Gefühl bekommen, dass die Mainzelbahn ihre Straßenbahn ist und nicht ein von oben aufgestülptes Projekt.“ Er verdeutlichte auch, dass viele Baufirmen und Büros gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von MVG und Stadtwerken an dem Projekt mitgearbeitet haben. „Vom Bauarbeiter vor Ort bis zum Planer im Büro waren fast 1000 Menschen am Bau der Straßenbahntrasse beteiligt, denen wir bei dieser Gelegenheit auch herzlich danken wollen“ so Höhne.

Auch Jochen Erlhof, Geschäftsführer der Mainzer Verkehrsgesellschaft, machte aus seiner Freude über die Inbetriebnahme der Mainzelbahn keinen Hehl. Er dankte insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, die in den letzten Monaten durch die Baustellen und Verkehrsbehinderungen sehr viel aushalten mussten, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MVG und der Stadtwerke für die geleistete Arbeit, vor allem in den letzten sehr hektischen Wochen und Monaten. „Dass die Mainzelbahn nun fährt, ist ein großer Schritt für unser Unternehmen und ein klares Signal für einen leistungsfähigen ÖPNV. Die Straßenbahn erhält in unserem Verkehrsangebot einen noch höheren Stellenwert. Das hebt die Qualität des Nahverkehrs und macht ihn insgesamt attraktiver“, so Erlhof. Immerhin erwartet die MVG an einem Werktag über 15.000 Fahrgäste auf der neuen Strecke.

Vor der Feierstunde im Lerchenberger Bürgerhaus hatten sich die Festredner zusammen mit MVG-Geschäftsführerin Eva Kreienkamp, Stadtwerke-Vorstand Dr. Tobias Brosze sowie rund weiteren 350 Gästen bei einer Fahrt vom Straßenbahndepot in der Mainzer Neustadt zum Lerchenberg selbst ein Bild von der neuen Streckenführung machen können. Jeweils etwa 40 Minuten brauchten die sechs Straßenbahnen für die 9,2 Kilometer lange Strecke – die längere Fahrtzeit hing damit zusammen, dass sich die MVG für die Eröffnungsfahrten etwas Besonderes hat einfallen lassen: In jeder Straßenbahn wurden die Fahrgäste mit einem Audiotext auf Besonderheiten des Baus oder der Strecke hingewiesen. Die normale Fahrtzeit vom Hauptbahnhof-West zur Endhaltestelle in der Hindemithstraße auf dem Lerchenberg wird künftig, wenn sich die Abläufe für die Fahrer und Fahrerinnen, Fahrgäste und alle Verkehrsteilnehmer eingespielt haben und alltäglich geworden sind, rund 21 Minuten betragen.

Als die erste der sechs Eröffnungs-Straßenbahnen gegen 10.40 Uhr dann an der Endhaltestelle auf dem Lerchenberg ankam, wurde die Variobahn bereits von vielen Bürgern sowie den lebensgroßen Mainzelmännchen Det und Fritzchen empfangen. Bei der Durchfahrt eines Mainzelbahn-Banners gab es dann jede Menge Applaus: Die Mainzelbahn hatte ihre erste offizielle Fahrt mit Fahrgästen erfolgreich absolviert.

Testfahrten auf der neuen Strecke gibt es seit dem 28. November. In den vergangenen beiden Wochen wurde die neue Verbindung von Fachleuten der MVG und externen Experten von der Zulassungsbehörde und dem TÜV auf Herz und Nieren geprüft. Anschließend gab es Schulungsfahrten für das MVG-Fahrpersonal, das künftig auf der neuen Strecke unterwegs ist.

Die Mainzer Verkehrsgesellschaft hat zur Inbetriebnahme der neuen Strecke zehn zusätzliche Variobahnen gekauft. Diese neuen Straßenbahnen ersetzen künftig etwa 20 Busse im Liniennetz – die MVG stärkt mit dem neuen Fahrplan damit das Straßenbahnsystem. Da ein Parallelverkehr von Bus und Straßenbahn verkehrlich und wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, gehen mit dem Fahrplanwechsel zum 11. Dezember umfangreiche Änderungen in einem Großteil des Liniennetzes einher.

Erhebliche Anpassungen im Liniennetz ab 11. Dezember

Mit der Inbetriebnahme der neuen Gleistrasse zum Lerchenberg am 11. Dezember wird es komplett neue Verbindungen im Mainzer Straßenbahnsystem geben: Die Straßenbahnlinie 51 fährt dann von Finthen über den Hauptbahnhof bis zum Lerchenberg. Die neue Straßenbahnlinie 53 fährt künftig von Hechtsheim auf den Lerchenberg und ersetzt zwischen Hechtsheim und dem Hauptbahnhof die bisherige Linie 51. Damit entstehen umsteigefreie Verbindungen z. B. aus der Neustadt, Altstadt und Oberstadt zur Universität und Hochschule Mainz sowie darüber hinaus. Das bedeutet eine deutliche Attraktivitätssteigerung für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und eine Entlastung des Hauptbahnhofes als Umsteigeknoten. Neben den Straßenbahnlinien 50, 51, 52 und 53 wird es ab Frühjahr 2017 auch eine Straßenbahnlinie 59 geben. Diese fährt vom Zollhafen bis zur Hochschule Mainz und wird im Frühjahr 2017 in Betrieb gehen.

Die umfangreichen Änderungen im Straßenbahnnetz wirken sich auch auf die Buslinienführung aus, denn Parallelverkehre sollen künftig vermieden werden. So wird bei einigen Buslinien ein Teil der bisherigen Streckenführungen bis Hauptbahnhof oder Universität beibehalten – allerdings gibt es Veränderungen durch die Kombination mit anderen Streckenabschnitten im Anschluss oder bei der Bezeichnung der Linien. Ersteres gilt beispielsweise für die Buslinie 6, die auch im Fahrplan 2017 weiter von Wiesbaden kommend zum Hauptbahnhof und Universität fahren wird. Ab hier geht es dann künftig nicht mehr Richtung Gutenberg-Center/Marienborn, sondern Richtung Münchfeld und dann – mit jeder zweiten Fahrt – weiter zum Gonsenheimer Wildpark. Solche Linienast- oder Nummernänderungen sind außer für die Buslinie 6 auch für die Linien 9, 28, 45 (neu = 78), 51, 54, 56, 57, 64, 67, 68, 76, 90 und 91 vorgesehen. Ziel ist dabei eine Verknüpfung von Abschnitten mit ähnlichem Fahrgastaufkommen oder verkehrlich sinnvoller Linien. Im Zuge der Umstellung entfallen die Liniennummern 47 (Ersatz durch Linie 76), 58 (Ersatz durch Linien 56 und 76), 69 (Ersatz durch Linien 51, 53 und 78) und 79 (Ersatz durch Linie 28) vollständig. Nahezu in Gänze unverändert bleiben hingegen die Streckenführungen der Bus- und Straßenbahnlinien 33, 50, 52, 55, 60, 61, 62, 63, 65, 75 und 92. Welche Linie künftig welches Gebiet anfährt, können Sie dem Liniennetzplan entnehmen. Der neue Fahrplan gilt ab Sonntag, 11. Dezember 2016, 4 Uhr.

Zwei Million zusätzliche Fahrgäste erwartet

Grundsätzlich werden sich mit der Inbetriebnahme der Mainzelbahn wie bei jeder Liniennetzänderung auch für einen Teil der Fahrgäste gewohnte Verbindungen und Fahrtrouten ändern und dies wird im Einzelfall Veränderungen oder Einschränkungen mit sich bringen. Insgesamt wird das ÖPNV-Angebot in Mainz aber deutlich verbessert und die MVG erwartet einen Fahrgastzuwachs von jährlich 2 Mio. Fahrgästen bis 2018 aus dem Straßenbahnausbau und der allgemeinen Entwicklung mit der neuen Liniennetzkonzeption. So wird es künftig unter anderem mit einem 5-Minuten-Takt eine bessere Anbindung der Universitätsmedizin geben. Die Neustadt wird besser mit dem ÖPNV erschlossen werden: Mit einer veränderten Anbindung der Haltestellen rund um den Zollhafen wird der dortigen Entwicklung Rechnung getragen, die Straßenbahnlinien 51 und 59 verbinden den studentisch geprägten Stadtteil direkt mit Universität und Hochschule Mainz. Durch die  Anbindung der Buslinie 71 an die Straßenbahn in der Poststraße in Finthen wird es mit dem Fahrplanwechsel möglich sein, zügiger vom Lerchenberg über Drais und Finthen in die Gonsenheimer Ortsmitte und somit auch in die Breite Straße zu gelangen, ein weiterer Schritt hin zu der lange geforderten Ringerschließung der Stadtteile. Es wird außerdem zusätzliche Direktverbindungen geben zwischen Gonsenheim/Mombach und der Neustadt durch die geplante Verlängerung der Buslinie 76. Die Führung der Buslinie 6 nach Gonsenheim trägt dem starken Wachstum und der gestiegenen
ÖPNV-Nachfrage Rechnung.

Straßenbahn-Freifahrt und Zusatzfahrten am 11. Dezember

Am ersten Betriebstag der neuen Straßenbahnstrecke vom/zum Lerchenberg am Sonntag, 11. Dezember 2016, dürfen alle Straßenbahnlinien in Mainz auf der gesamten Strecke kostenlos genutzt werden. Um dem erwarteten Ansturm gerecht zu werden, wird der Fahrplan der Straßenbahnlinie 51 zwischen Bismarckplatz und Lerchenberg deutlich verstärkt. Hierdurch stehen auf dem gemeinsam mit der Linie 53 bedienten Abschnitt Hauptbahnhof – Lerchenberg im Zeitfenster von ca. 10 bis ca. 18 Uhr acht Fahrten pro Stunde zur Verfügung. Im Falle einer Weiterfahrt mit einer Buslinie oder auf der Zugstrecke muss allerdings ein entsprechender Fahrschein erworben werden.

Einsatz von Mobilitätshelfern

An wichtigen Stellen und in den Straßenbahnfahrzeugen werden in der ersten Zeit vermehrt Mobilitätshelfer eingesetzt. So ist beispielsweise von Sonntag, 11. bis Freitag, 16. Dezember in den meisten Straßenbahnfahrten vom Hauptbahnhof zum Lerchenberg und zurück Personal eingesetzt, um das Fahrpersonal auf der neuen Strecke zu entlasten. Fahrgäste werden von der MVG gebeten, sich bei Fragen und beim Fahrscheinkauf gezielt an die Mobilitätshelfer zu wenden. Bei den Mobilitätshelfern in den Fahrzeugen können einzelne Sammelfahrkarten für die Preisstufe 13 (Mainz-Wiesbaden) zu einem Einzelpreis von 2,20 EUR gekauft und entwertet werden. Somit sparen Fahrgäste gegenüber der Einzelfahrt im selben Gebiet 20 Prozent. Im Falle eines anderen benötigten Fahrscheins bittet die MVG, diesen am Automaten oder in der Vorverkaufsstelle zu erwerben. Da die neue Straßenbahnstrecke für die Fahrgäste, aber auch für die MVG-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter völlig neu ist, wird es in den ersten Wochen in einer Eingewöhnungsphase zu Anpassungsproblemen kommen, eventuell zu etwas längeren Fahrtzeiten, als im Fahrplan ausgewiesen. Dafür bittet die Mainzer Verkehrsgesellschaft alle Fahrgäste um Verständnis.

Weitere Informationen zur Mainzelbahn unter www.mvg-mainzelbahn.de. Infos zum neuen Fahrplan finden Sie unter www.mvg-mainz.de.