Naturdenkmal ‚Friedenseiche‘ in Sindlingen

Fällung

Frankfurt am Main – Die Bevölkerung von Sindlingen kannte ihr Leben lang die markante Eiche an der Farbenstraße im Kreuzungsbereich Allesinastraße. 1937 wurde der Baum im „Amtsblatt der Preussischen Regierung zu Wiesbaden“ als Naturdenkmal ausgewiesen.

Der rund 150 Jahre alte Baum war mit einem Stammumfang von über 4,60 Meter eine der stärksten Straßenbäume in Frankfurt. Bis zu den ersten Schnittmaßnahmen im Kronenbereich war der Baum 22 Metern hoch und wies dabei einen Kronendurchmesser von über 30 Meter auf.

Die Stieleiche (Quercus robur) prägte den Ortsteil wie kein anderer Baum. Die breite Baumkrone untergliederte die lange Farbenstraße. Unter ihrem Schatten traf man sich oder wartete auf den Bus. Die Anwohner freuten sich über ihre Verdunstungskühle im Sommer, und in ihrer einst dichten Krone lebten unzählige Tiere.

Als ausgewiesenes Naturdenkmal wurde der Baum von der dem Umweltamt zugehörigen Unteren Naturschutzbehörde regelmäßig überwacht. Auch das Grünflächenamt hatte den Baum als Straßenbaum im Fokus seiner Baumkontrolle.

Seit den 1980er Jahren wurde eine allmähliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes festgestellt. Immer öfter mussten abgestorbene Äste und Zweige entfernt werden, damit sie nicht auf Fußgänger und den Fahrzeugverkehr fallen konnten. Diese Baumschäden könnten durch die seinerzeit erfolgte Pflasterung des Wurzelbereiches befördert worden sein. Das für Bäume extreme Stadtklima und die mittlerweile extrem warmen Sommer haben den Schadensverlauf begünstigt, zumal die Stieleiche ein Baum der frischen und feuchten Wälder ist und in der Natur keinen trocken-heißen Standort besiedelt.

In den letzten Jahren verschlechterte sich der Gesundheitszustand zusehends. Die Krone wurde immer lichter und die Blätter kleiner. Dennoch wurde noch 2011 der Baum gutachterlich als „hochgradig standsicher“ eingestuft und ein Kronenregenerationsschnitt empfohlen.

2012 haben die Untere Naturschutzbehörde und das Grünflächenamt noch weitere Optimierungsmaßnahmen veranlasst: Die kleine Platzfläche im Wurzelbereich des Baumes wurde entsiegelt und mit speziellem Erdsubstrat aufgefüllt, um dem Baum bessere Lebensbedingungen zu bieten. Diese Investition wurde allerdings schon mit einem Blick in die Zukunft getätigt. Die offene Bodenfläche sollte vor allem zukünftigen Ersatzpflanzungen beste Wuchsbedingungen bieten. Es bestand allerdings auch die Hoffnung, den Absterbeprozess der Stieleiche zu verlangsamen. Der Baum hat auch auf die Standortverbesserung reagiert und kräftige, dunkelgrüne Blätter gebildet. 

Trotzdem war der Absterbeprozess nicht mehr zu verzögern. In den letzten Jahren haben verschiedene Pilze den Wurzelhals der Eiche stark zersetzt. Die Sindlinger Friedenseiche befand sich in einer Zerfallsphase, die durch den Pilzfruchtkörper des Tropfenden Schillerporlings angezeigt wurde. Ein Baumgutachten vom November 2015 attestierte eine „drastische Verschlechterung“ seit 2011. „Die Eiche ist kipp- und bruchgefährdet und wird in absehbarer Zeit absterben.“

Der Baum musste nach diesem Fachgutachten sofort gekappt werden, damit das Gewicht der starken Äste den Baum nicht zum Umkippen bringen konnte. Die Kappungen wurden Anfang Januar ausgeführt. In Kürze wird er komplett gefällt.

Grünflächenamt und Untere Naturschutzbehörde möchten jedoch den Baum nicht vollständig aus der Erinnerung der Sindlinger Bevölkerung löschen. Der rund 1,50 Meter dicke Stamm wird nach der endgültigen Fällung in den nächsten Tagen auf der kleinen Grünfläche abgelegt und kann bis auf weiteres vor Ort bewundert werden. Mit dem Umlegen des Stammes erlischt auch der Schutzstatus als Naturdenkmal.

Um den liegenden Baumstamm herum soll eine Baumgruppe gepflanzt werden. Als Baumart könnte die Traubeneiche (Quercus petraea) verwendet werden, die nur von Fachleuten von der Stieleiche zu unterscheiden ist, aber von Natur aus auf trocken-warmen Standorten vorkommt und das Stadtklima besser verträgt. 

Inwieweit diese Baumgruppe wieder das Prädikat „Naturdenkmal“ erlangen kann, muss in einigen Jahrzehnten von der Unteren Naturschutzbehörde entschieden werden.