Die drei ??? und der Mann mit dem flinken Strich

Zu Besuch bei Christopher Tauber

'Die drei ???' gibt es jetzt zum ersten Mal auch als Comic. Christopher Tauber hat die Jungdetektive Justus, Peter, Bob und ihr Abenteuer rund um den 'dreiäugigen Totenkopf' in seinem Atelier im Bahnhofsviertel gezeichnet

Frankfurt am Main (pia) Am leichtesten fallen ihm Menschen. Mit sanften, schnellen Strichen zeichnet er sie. Es dauert keine fünf Minuten, da blickt den Betrachter vom eben noch weißen Blatt ein Mädchen an. Pagenkopf, die Hände hängen Richtung Hosentaschen, der Blick ein wenig mürrisch.

Christopher Tauber mag sie einfach, die Menschen. In der U-Bahn, in der Kneipe, im Park – überall kann er sie so herrlich beobachten. Und ihre Eigenheiten dann wenig oder auch Wochen später in den Charakter seiner Figuren einfließen lassen.

In Kinderzimmern zu Hause

„Ich zeichne am liebsten, was ich gern mag“, sagt Christopher Tauber, 36 Jahre alt. In seinem kleinen Atelier mit Blick auf den Hof der Weißfrauenkirche hat sich der Comiczeichner jüngst intensiv mit seinem Lieblingsmotiv Mensch beschäftigt und den „drei ???“ ein Gesicht gegeben. Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews alias „Die drei ???“ sind seit Jahrzehnten in deutschen Kinder- und Jugendzimmern zu Hause – als Bücher oder Hörspiele. Bilder der Jungdetektive entstanden bisher in der Fantasie ihrer Fans. Kein Buch, nicht mal ein Titel zeigte die Jungs, die in einem fiktiven Ort nahe Los Angeles knifflige Kriminalfälle lösen.

„Die drei ??? und der dreiäugige Totenkopf“ heißt die Graphic Novel, in der Justus, Peter und Bob nun erstmals im Comicformat ermitteln. Der Stuttgarter Kosmos Verlag, der seit 1968 die Rechte an der aus den USA stammenden Jugendbuchserie hat, will die erfolgreiche Marke damit behutsam weiterentwickeln. Jedes Jahr erscheinen sechs neue Episoden als Buch, die Hörspielreihe ist Kult. Ihre Sprecher, inzwischen über 50 Jahre alt, treten live in ausverkauften Hallen auf. „Das wird eh nichts“, dachte Christopher Tauber, als der Verlag fragte, ob er mit einem Entwurf am Wettbewerb für die Graphic Novel teilnehmen will. Als nach der zweiten Runde dann die Zusage kam, freute er sich ein „Loch in den Bauch“.

Als Zivi entdeckt

Der Comic-Held seiner Kindheit war Lucky Luke. „Die ‚drei ???‘ habe ich erst beim Zivildienst im Behindertenwohnheim kennengelernt, einer der Insassen hörte ihre Abenteuer auf Kassette“, erzählt Christopher Tauber. „Ich mag die Charaktere der Jungs und die Dynamik, die sich zwischen ihnen entwickelt.“ Knapp fünf Monate haben ihn der pfiffige Justus, der sportliche Peter und Bob, der Bücherwurm, begleitet. Immer wieder hat er an ihrem Look gefeilt, sie breiter, lässiger, kantiger, sommersprossiger gemacht – es gab Vorgaben vom Verlag aber eben keine Vorlage. Immer wieder fuhr er mit dem Bus 103 von Bornheim nach Offenbach, um sich mit seiner Kollegin Asja Wiegand – sie hat die Szenen mit Schrift versehen – zu beraten. „Ich habe lange überlegt, welchen Stil der Comic haben soll.“ Ein Krimi, ja, aber bitte nicht zu düster. Zu bunt aber auch nicht. Erwachsen, aber nicht zu erwachsen.

„Man kann Comics mögen oder nicht“, sagt Tauber. In Deutschland haben sie bei weitem nicht so viele Fans wie in Belgien, Frankreich oder Japan, wo Tim und Struppi, Asterix und Mangas in beinahe jedem Haushalt zu finden sind. Aber sie werden immer beliebter. Auch das Ansehen der Autoren und Zeichner steige, meint Tauber. „Als ich anfing, hätte jede Kunsthochschule beim Wort Comic abgewinkt. Inzwischen bieten viele Schulen Comicklassen an.“

Einfach mal probiert

Dass er von seinen Zeichnungen leben kann – „mal besser, mal schlechter“, wie er sagt – war bei seinen ersten Versuchen nicht abzusehen. Schon als Kind konnte es stundenlang malen, am liebsten Wimmelbilder. Seinen Figuren verpasste er Knollennasen, seine Lehrer waren wenig begeistert – sein Stil war ihnen zu speziell. Er war 16, als er sich seine ersten Geschichten ausdachte, sie zeichnete, in einem Heft sammelte, vervielfältigte und an seine Freunde verteilte „Nach der Schule habe ich viel herumprobiert“, sagt Tauber. Er träumte vom Film, versuchte sich im Sozialwesen, sattelte um auf ein geisteswissenschaftliches Studium. Und wurde schließlich Praktikant bei einem Comicverlag in Stuttgart. „Ich arbeitete dort in der Redaktion, lernte viele Leute kennen und dachte dann, ich probiere es und mache mich selbstständig als Comiczeichner und Illustrator.“

Wie eine Kamerafahrt

Heute, zwölf Jahre später, hat er einen kleinen Verlag namens Zwerchfell, entwickelt eigene Scripts, arbeitet an Aufträgen von Banken, Agenturen oder Fernsehsendern. Schreiben und Zeichnen sind seine Lieblingsdisziplinen. Jeder Comic besteht aus verschiedenen Teilen: Story, Zeichnung, Kolorierung, Beschriftung. Nicht immer ist einer für alles verantwortlich, bei „Die drei ??? und der dreiäugige Totenkopf“ gab es zwei Autoren, Ivar Leon Menger und John Beckmann, Asja Wiegand übernahm das Lettering und Tauber die Zeichnungen.

Die Aneinanderreihung der einzelnen Bilder gleiche einer Kamerafahrt. Die grobe Aufteilung der einzelnen Szenen hält Tauber zuerst in Scribbles fest, erst dann geht es an die Details. Wie sehen die Protagonisten aus? Wie ihr Umfeld? Was passiert im Vordergrund und was im Hintergrund der einzelnen Bilder? Wie viel Text braucht die Szene und wie viel Platz braucht dieser Text? Leseführung heißt das Zauberwort. „Ein Comic, egal welcher Couleur, ist dann gut, wenn man ihm nicht mehr aus der Hand legen will.“

Mit Spaß, Ernst und Kaffee

Beim Zeichnen durchläuft Christopher Tauber verschiedene Phasen – Suchen, Finden, Abarbeiten. Auch sein Strich verändert sich mit der Zeit: „Bei den ‚drei ???‘ war meine Strichführung anfangs noch sehr steif, später wurde sie immer flüssiger.“ Damit das beim Lesen nicht auffällt, hat er zuerst an den Szenen aus der Mitte der Story gearbeitet. Seine Zeichnungen entstehen auf Papier. Das anschließende Tuschen, bei dem Figuren und Kulissen Schatten und Konturen bekommen, findet Tauber „fantastisch meditativ“. Mit Farbe gestaltet er die einzelnen Bilder über ein Zeichen-Pad am Computer. „Auf Papier macht Kolorieren mehr Spaß. Aber am Pad geht es schneller, man kann mehr ausprobieren, Fehler ändern. Das macht mich freier im Kopf.“ Sein Job als Comiczeichner und Illustrator sei Selbstunterhaltung, erfordere gleichzeitig aber auch eine große Ernsthaftigkeit.

Arbeiten kann Tauber am besten, wenn er Ruhe hat. Am frühen Morgen und am späten Abend. Und im Herbst. Dann sitzt er in seinem kleinen Atelier, immer einen Kaffee griffbereit, und erinnert sich an Erlebnisse aus dem zurückliegenden Sommer, in dem die Menschen draußen am Main, im Park, beim Eis oder Bier saßen. Und er sie so herrlich beobachten konnte.

Weitere Informationen gibt es unter www.piwimonium.de.