Umbau der Entwässerungsanlage im ehemaligen Sparkassengebäude in Neustadt

Keine Entwässerungsgenehmigung erforderlich

Für den Umbau der Entwässerungsanlage im ehemaligen Sparkassengebäude in Neustadt ist keine Entwässerungsgenehmigung erforderlich, so das Verwaltungsgericht Neustadt

Neustadt an der Weinstraße – Der „Eigenbetrieb Stadtentsorgung Neustadt a. d. Weinstraße (ESN)“ kann von den Bauherren, die das ehemalige Sparkassengebäude am Strohmarkt in Neustadt zu einem Lebensmittelmarkt und insgesamt sechs Wohnungen umbauen möchten, nicht verlangen, dass diese die Entwässerungseinrichtungen im Inneren des Gebäudes nach den Vorgaben des ESN errichten müssen. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße in einem heute verkündeten Urteil entschieden.

ine Bauträger-GmbH sowie ein Privatmann, die das einstige Sparkassengebäude am Strohmarkt in Neustadt erworben haben, beabsichtigen, darin im Erdgeschoss ein Lebensmittelgeschäft sowie im Ober- und Dachgeschoss insgesamt sechs Wohnungen einzurichten. Mit den Bauarbeiten wurde im Laufe des Jahres 2012 begonnen. Dabei wurden in dem Gebäude u.a. Entwässerungsleitungen verlegt. Am 9. Januar 2013 stellte der ESN den Bau und die Herrichtung der Grundstücksentwässerungsanlage und aller Baulichkeiten, die dieser Wasser zuführen könnten, auf dem Grundstück ein und verlangte die Einholung einer Entwässerungsgenehmigung.
Die GmbH sowie der Privatmann legten dagegen Widerspruch ein und suchten beim Verwaltungsgericht Neustadt a.d. Weinstraße um Eilrechtsschutz nach.  Die 4. Kammer des Gerichts lehnte den Eilantrag überwiegend ab und führte zur Begründung u.a aus, die Bauherren benötigten nach der Satzung der Stadt Neustadt über die Entwässerung und den Anschluss an die öffentlichen Abwasseranlagen eine Entwässerungsgenehmigung, die sie bisher nicht eingeholt hätten (näher dazu s. die Pressemitteilung Nr. 12/13).
Im Mai 2013 reichten die Bauherren einen Entwässerungsantrag ein. Nach den Plänen sollten u.a.  die Entwässerungsleitungen der Wohnungen unter der Decke des Lebensmittelmarktes ausgeführt werden. Mit Bescheid vom 5. Juni 2013 lehnte die beklagte Stadt Neustadt die Genehmigung der im Entwässerungsantrag enthaltenen Planvorhaben u.a. mit der Begründung ab, Sammelleitungen unter der Decke des Erdgeschosses seien aus Gründen der Wahrung der Hygiene im Lebensmittelmarkt unzulässig. Ferner sehe die Planung keine getrennte (selbstständige) Entwässerung der Wohnungen im Obergeschoss vor.
Im August 2013 erteilte die Beklagte den Bauherren nach Einreichung neuer Pläne Entwässerungsgenehmigungen und getrennte Baugenehmigungen. 
Die GmbH erhob nach Zurückweisung ihres Widerspruchs gegen die Versagung der Entwässerungsgenehmigung vom 5. Juni 2013 Klage. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagte sei nicht berechtigt, im Rahmen des nach der städtischen Entwässerungssatzung vorzulegenden Entwässerungsgesuchs die Einhaltung von abwassertechnischen Regeln zu prüfen, die mit der Benutzung der städtischen Abwasseranlagen (Menge oder Qualität des Abwassers, Umstände der Einleitung in die städtische Kanalisation) nichts zu tun hätten. Der ESN maße sich eine Prüfungskompetenz für Bauvorhaben an, die ihm nicht zustehe, weil die Einhaltung der allgemeinen Regeln der Bautechnik abschließend  von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen sei.

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstraße hat der Klage am heutigen Tage stattgegeben und festgestellt, dass für die Führung der Entwässerungsleitungen im Inneren des Erdgeschosses des Gebäudes am Strohmarkt in Neustadt a. d. Weinstraße keine Entwässerungsgenehmigung nach der Satzung der Beklagten erforderlich sei. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt:
Nach dem Landeswassergesetz (LWG) sei die Beklagte berechtigt, durch Satzung die Voraussetzungen der Vorhaltung und der Benutzung ihrer Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung zu regeln. Die benutzungsrechtlichen Regelungen befassten sich mit der konkreten Rechtsbeziehung zwischen dem Abwasserträger und den Benutzern oder Anschlussnehmern. Darin würden die konkreten Modalitäten der Abwasserüberlassung festgelegt, etwa die Frage, wo, wann und in welcher Art und Weise und mit welcher Beschaffenheit das auf dem Grundstück etc. angefallene Schmutz- und/oder Niederschlagswasser dem Entsorgungspflichtigen zu übergeben sei. Vor der Übergabe hafte für das Abwasser der Benutzer, danach der öffentliche Abwasserträger.
Ob – was die Beklagte hier in Zweifel ziehe – durch die auf dem Baugrundstück vor der Übergabestelle vorgesehenen Entwässerungsanlagen Gefahren sowie erhebliche Nachteile oder Belästigungen entstünden, sei eine von der Baugenehmigungsbehörde zu prüfende Voraussetzung und falle nicht in den Verantwortungsbereich des ESN. Diese Frage könne daher grundsätzlich nicht im Rahmen der Erteilung der Entwässerungsgenehmigung geregelt werden. Etwas anderes könne nur dann gelten,  wenn evidente Verstöße vorlägen und damit der Kernbereich der Andienungspflicht des Abwassers betroffen sei. Das sei hier aber nicht der Fall. 

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 23. Juli 2015 – 4 K 72/15.NW –