Feuergriffel Tobias Steinfeld blickt auf seine Zeit in Mannheim

Im Turmzimmer der Alten Feuerwache

Preisträger: Feuergriffel Tobias Steinfeld

Mannheim – Drei Monate weilte und arbeitete der Mannheimer Stadtschreiber für Kinder- und Jugendliteratur Tobias Steinfeld im Turmzimmer der Alten Feuerwache. Ebendort lud der 1983 in Osnabrück geborene „Feuergriffel“ zur Abschlusslesung ins Kinder- und Jugendtheater Schnawwl. Der Kommunikationswissenschaftler und Germanist sammelte in den vergangenen Wochen zahlreiche Eindrücke von einer Stadt, die ihm keineswegs fremd ist: Von 2006 bis 2009 studierte Steinfeld in Mannheim, das dreimonatige Stipendium brachte ihn also zurück in die alte Heimat.

„Es geht uns vor allem darum, Kinder und Jugendliche mit dem literarischen Schaffensprozess in Kontakt zu bringen“, unterstrich Bildungsbürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb ihr großes Interesse an dem Stipendium. „Sie haben die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu schauen.“ Dieser Rollenwechsel vertiefe nicht nur das Verständnis für Literatur, er wecke auch Neugier dafür, wie diese entsteht und wirkt. „Im direkten Kontakt zum Autor werden Fragen beantwortet, die ansonsten unbeantwortet blieben.“

Sein vielversprechendes Konzept unter dem Titel „Im Himmel gibt es Sucuk, so viel du willst“ entwickelte Steinfeld in großen Schritten weiter. Inzwischen erzählen 37 Kapitel von dem 13 Jahre alten Gymnasialschüler Paul, der ein Praktikum in einer Sonderschulklasse antreten soll. Dort wird er allerdings nicht als Unterstützung des Kollegiums empfangen, sondern fälschlicher Weise für einen neuen Schüler gehalten. Ein Sujet, das aus Steinfelds Alltag entsprungen sein könnte, schließlich verbindet der Schriftsteller seine Autorentätigkeit mit sozialer Arbeit, arbeitet als Inklusionshelfer an Förderschulen für geistige Entwicklung und leitet unter anderem regelmäßig Hörspielprojekte für Kinder und Jugendliche. So auch in Mannheim, wo nicht nur gemeinsam mit Leserinnen und Lesern der Stadtbibliothek das Mannheimer Wimmelbild auf dem Feuergriffel Blog entstanden ist, sondern mit dem Hörspielprojekt „Wie klingt Mannheim?“ dieses Format zugleich in ein anderes Medium übertragen wurde.

Eine Vielzahl an Eindrücken

„Der Feuergriffel ist immer wieder eine wunderbare Gelegenheit, einem Autor bei seiner Arbeit über die Schulter zu schauen“, freute sich Dr. Bernd Schmid-Ruhe, Leiter der Stadtbibliothek Mannheim. Im Gespräch zwischen Bibliothekspädagogin Bettina Harling und dem Autor wurde deutlich, wie sehr die Zeit in Mannheim das Schaffen Steinfelds beeinflusste. „Ich habe hier Klassen kennengelernt, in denen niemand wusste, was Sucuk ist, und Klassen, in denen wussten es alle“, gab Steinfeld ein Beispiel. Sein Aufenthalt werde ihm durch eine Vielzahl an Eindrücken in Erinnerung bleiben: Von den Störchen, die auf Höhe des Turmzimmers vorbeiflogen, über die vielen Gerüche der Stadt bis hin zu den Erlebnissen, die er bei seinen Lesungen vor Schülerinnen und Schülern sammeln konnte. „Ich konnte in Mannheim in Ruhe arbeiten und die Stadt genießen“, resümierte er und verkündete, „ich möchte das fertige Buch hier vorstellen.“

„Zum fünften Mal nun verabschieden wir einen Preisträger“, verwies Dr. Freundlieb auf die Kontinuität des Förderprojekts. „Das, was 2007 als einmaliges Projekt zum Stadtjubiläum gestartet ist, wurde zu einer festen Größe im Veranstaltungskalender Mannheims.“ Möglich ist dies nur durch die großzügige Unterstützung von Sponsoren wie der Heinrich-Vetter-Stiftung und der GBG sowie der Alten Feuerwache, die dem Stipendiaten die frisch renovierte Künstlerwohnung im Turm für die Dauer seines Aufenthaltes überlässt. „Sie sorgen dafür, dass sich unsere Preisträger in Mannheim wohl fühlen“, fügte die Dezernentin an und dankte außerdem dem Förderkreis der Stadt- und Musikbibliothek. „Vor allem aber danke ich Ihnen, Herr Steinfeld“, schloss die Bürgermeisterin, „wir müssen Sie nun leider wieder ziehen lassen. Ich hoffe, dass Sie rückblickend sagen werden, eine gute Zeit in Mannheim verbracht zu haben.“

Hintergrund

Der Mannheimer „Feuergriffel“ ist das bisher einzige Stadtschreiber-Stipendium für Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland und wird alle zwei Jahre von der Stadtbibliothek Mannheim ausgeschrieben. Zur unabhängigen Jury gehören Fachleute aus dem Verlags- und Buchwesen ebenso wie Journalisten und Sprachwissenschaftler sowie jugendliche Jurymitglieder. Um das mit insgesamt 9.000 Euro dotierte Stipendium – der Preisträger erhält je 1.000 Euro pro Monat für den dreimonatigen Aufenthalt, 3.000 Euro zur Preisverleihung und nochmals 3.000 Euro bei Veröffentlichung des in Mannheim entstandenen Werkes – können sich deutschsprachige Autoren und Illustratoren mit einer Buchidee bewerben, die bereits durch einen etablierten Verlag publiziert wurden. Die Stadtbibliothek unterstützt den Stadtschreiber durch lokale Kontakte und eine persönliche Betreuung.