„Wir müssen mutig sein, das zu tun was machbar ist“

Wärmewende-Kongress

Wirtschafts- und Energieministerin Eveline Lemke

Kaiserslautern/Mainz – : Unter der Fragestellung „Wie schaffen wir die Wärmewende in Rheinland-Pfalz?“ diskutierten gestern beim Jahreskongress der Energieagentur Rheinland-Pfalz in Mainz rund 120 Teilnehmer, wie nach dem Stromsektor auch der „schlafende Riese“ im Wärmebereich geweckt werden kann.

Staatsministerin Eveline Lemke betonte die Dringlichkeit des Themas:

„Wenn es um den Bereich Wärme geht, sprechen wir über eine Mammutaufgabe, die wir endlich gemeinsam angehen müssen. Die Hälfte unseres Endenergieverbrauchs findet im Wärmebereich, also für Heizung und warmes Wasser in Gebäuden, statt. Eine Wärmewende für Deutschland ist auch mit Blick auf unsere Klimaschutzziele bitter nötig.“

Energieagentur-Geschäftsführer Thomas Pensel mahnte:

„Mit einer Sanierungsrate von einem Prozent wird die Energiewende nicht gelingen – zumal mit der Sanierungshäufigkeit noch nichts über die nachhaltige Qualität gesagt ist.“

Die Frage, wie man aber dazu kommen könne, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen, hat sich wie ein roter Faden durch den Kongresstag gezogen. Pensels Einschätzung nach ist es nie ein Faktor allein, der den Ausschlag gibt:

„Die Entscheidung, die Wärmewende anzugehen, erfolgt nicht über den Kopf, technologische Möglichkeiten oder finanzielle Anreize allein, sondern ist immer auch das Ergebnis einer inneren Überzeugung. Wir müssen uns einfach auf den Weg machen“,

appellierte Pensel. Mit der rhetorischen Frage „Wie vollständig muss ein Plan eigentlich sein, bevor wir handeln?“ ermutigte auch Prof. Jörg Probst von der Hochschule Bochum, nicht länger auf möglicherweise noch komplettere Strategien oder noch leistungsfähigere Technologien zu warten, sondern – in Anlehnung an den großen Architekten Oscar Niemeyer – mutig zu sein, das zu tun, was man jetzt schon tun kann. Dr. Michael Kopatz vom Wuppertal Institut für Klima und Umwelt, Energie, forderte, dass einerseits die Politik mehr Richtung vorgebe, und dass andererseits die Bürger diese Orientierung auch einforderten. Der Erfolg der Energiewende verlange einen langen Atem:

„Die Sache mit dem Klimaschutz ist wie eine Diät: Die ersten Kilos gehen ganz gut runter und dann wird es immer schwerer.“

Der Einsatz erneuerbarer Energien und Energieeffizienz im Wärmebereich sowie innovative Konzepte für die Verknüpfung von Strom- und Wärmeerzeugung wurden intensiv in Fachforen diskutiert. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass es jetzt höchste Zeit sei, die Wärmewende im Land entschieden voranzubringen. Hintergrund ist, dass in Rheinland-Pfalz 50 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs auf den Bereich Wärme entfallen, dieser aber im Gegensatz zu Stromerzeugung auf regenerativer Basis noch einen großen Nachholbedarf aufweist.

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion haben aus verschiedenen Perspektiven Erfolgsfaktoren und Hürden der Wärmewende in Rheinland-Pfalz benannt. Sensibel reagierten die Bürger auf sinkende Energiepreise. In solchen Phasen, erläuterte Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, nehme das Interesse an Energieberatungen ab. Auf die Frage, wie man Bürgern die Amortisationszeiten von Investitionen zum Beispiel in Solarthermie- oder PV-Anlagen erklären könne, konterte Prof. Eberhard Jochem, Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien, dass auch niemand fragt, wann sich ein SUV amortisiere. Er forderte einen Perspektivwechsel und wünschte sich, dass es endlich als modern und prestigeträchtig gelte, in Klimaschutz zu investieren.

Thomas Pensel lenkte den Blick auf die konkrete Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen:

„Wir benötigen viel mehr qualifizierte Handwerker, um die Sanierungsziele zu erreichen.“

Gerade die Vielfalt der verfügbaren Technologien stelle eine große Herausforderung dar. Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, appellierte an die Herstellerseite, stärker auf standardisierte Produkte zu setzen, beispielsweise um damit möglichen Schwierigkeiten bei der Installation zu begegnen.

Am Ende eines inhaltlich dichten und anregenden Kongresstages fasste Thomas Pensel zusammen:

„Wir haben heute in unterschiedlichen Zusammenhängen gehört, dass der Austausch, die Vernetzung zwischen den Akteuren und gute Beispiele wichtige Faktoren sind, die entschiedenes Handeln für die Energiewende ermöglichen. Das können wir aus eigener Erfahrung bestätigen, wenn ich zum Beispiel an die Aktionswoche ´Rheinland-Pfalz: Ein Land voller Energien´ der Energieagentur denke. Was wir darüber hinaus alle beherzigen sollten, ist, dass nicht das technische Wissen allein Menschen dazu bringt, die Energiewende umzusetzen, sondern eine Kombination aus Fakten, Verstand, Überzeugung – und dem Mut, es einfach zu machen.“