Wolfgang Kaus feiert seinen 80. Geburtstag

Ein Leben für die Bühne

Porträt Wolfgang Kaus

Frankfurt am Main – Er hat sich dem Theater verschrieben, die Bühne ist sein Zuhause: Wenn Wolfgang Kaus am 23. Juli seinen 80. Geburtstag feiert, weiß der Schauspieler, Regisseur und langjähriger künstlerischer Leiter des Frankfurter Volkstheaters schon jetzt, dass an dem Tag alles klappen wird.

Im Flur vor seiner Wohnung hängt eine Fotografie von Wolfgang Kaus, die ihn als 23-Jährigen zeigt. Selbstbewusst und in bühnenreifer Haltung schaut er darauf den Betrachter an. Als habe er nie etwas anderes getan, als vor vielen Menschen aufzutreten. Den Mut dazu bewies er schon früh. Sein öffentliches Debüt gab er als 13-Jähriger. Damals, im August 1948, meldete er sich spontan beim Hörfunk-Ratespiel „Doppelt oder Nichts“, das in seiner Heimatstadt Hofheim gastierte und brachte zur Freude seiner Eltern als bester Kandidat des Abends eine Tonne Braunkohle mit nach Hause.

Die Prophezeiung

Etwa zu der Zeit, als das Bild im Treppenhaus entstand, muss es gewesen sein, dass ihm eine Astrologin prophezeite, er werde im Laufe seines Lebens fünf Berufe ausüben. Wenn Wolfgang Kaus heute, kurz vor seinem 80. Geburtstag, zurückblickt, dann stellt er fast ein wenig erstaunt fest: „Sie hat Recht behalten.“ Bevor er sich dem Theater verschrieb, von dem er seit stolzen 55 Jahren lebt, absolvierte er in den 1950er Jahren eine kaufmännische Ausbildung bei der Deutschen Philips GmbH und blieb auch danach in der Schallplattenabteilung des Unternehmens tätig.

Statt die Tonträger nur zu verkaufen, interessierte ihn aber vor allem die Musik, die darauf zu hören war, und die Künstler, die sie machten. Seine Kollegen schickten ihn deshalb gerne vor. Das entsprechende Selbstbewusstsein war schließlich vorhanden. Und so lernte er Größen wie Glenn Gould, Miles Davis und die damals erfolgreiche deutsche Schlagerszene kennen. „Als der griechische Sänger Leo Leandros nach Frankfurt kam, hatte er in einem Tragekorb seine kleine Tochter dabei, das war Vicky Leandros“, erzählt er heute noch gerne.

Die Rückkehr auf die Bühne

Die Bühne reizte ihn noch mehr als die Schallplattenstars und wurde zum Hauptberuf. Sein Chef bei Philips habe ihm versprochen, ihn wieder einzustellen, wenn er keinen Erfolg haben sollte, erinnert er sich. Doch er brachte schon reichlich Erfahrungen mit als Mitglied der Studentenbühne der Goethe-Universität, die damals Karlheinz Braun leitete, der spätere Gründer des Verlags der Autoren.

Nach der Schauspielschule in Wiesbaden arbeitete er an renommierten Häusern in Frankfurt, Memmingen, Celle und Bonn. Im Hamburger Thalia-Theater stand er ein Jahr lang mit dem damals schon berühmten Harald Juhnke in „Liliom“ auf der Bühne.

„Er war für mich immer wie ein großer Bruder, der sich Dinge erlauben konnte, die anderen nicht gestattet waren.“

Juhnke nahm ihn dann mit nach München und spielte später mit ihm zusammen in Düsseldorf. Parallel dazu brachte Wolfgang Kaus es auf nicht weniger als 60 Fernsehauftritte, ob in den „Stahlnetz“-Straßenfegern, in der Zuckmayer-Verfilmung „Schinderhannes“ oder in Fritz Umgelters „Der Winter, der ein Sommer war“ mit Günter Strack, Horst Frank und Christian Quadflieg.

Der Anruf von Liesel Christ

Erst Kaufmann, dann Schauspieler – dabei sollte es bei Wolfgang Kaus jedoch nicht bleiben. Zum Beruf des Regisseurs kam er allerdings ohne eigenes Zutun. Als er 1974 in Düsseldorf lebte, rief ihn die Frankfurter Volkstheater-Chefin Liesel Christ an. „Täte Se dann auch bei mir mal was inszenieren?“, soll sie ihn gefragt haben. Dabei hatte er höchstens ein halbes Dutzend Mal Regie geführt. „Hoffentlich kannste das“, habe er damals gedacht. Nach 33 Jahren und fast 130 Inszenierungen erübrigt sich die Antwort. So viele besondere Momente hat Kaus mit dem Volkstheater erlebt, dass er stundenlang davon erzählen kann. Mit dem „Urfaust“ gastierte er 1979 in Israel, für seine „Mutter Courage“ mit Liesel Christ in der Hauptrolle wurde er gefeiert, wie für zahlreiche weitere Klassiker, die er in die Frankfurter Mundart übertragen hat. Für das Musical Anatevka holte er Tony Marshall als Tevje nach Frankfurt, dem Fernsehliebling Ralf Bauer traute er den Faust und den Romeo zu und der Focus-Chef Helmut Markwort spielte bei ihm den Tod im „Hessischen Jedermann“. Ausführlich hat er darüber in seiner Biografie „Mensche gibt’s, all sin se anners“ geschrieben und damit den vierten Beruf ergriffen, den des Autors, als der er auch in der städtischen „Seniorenzeitung“ für literarisches Lokalkolorit sorgt.

Die Gesundheit

Der Abschied von der Frankfurter Volksbühne Ende 2007 kam plötzlich und verlief nicht ganz harmonisch.

„Ich wäre gerne noch ein bisschen dageblieben, hätte vielleicht ein bisschen drübergeschwebt und den Jüngeren meinen Segen gegeben“,

sinniert Kaus heute. Dass er 2010 den „Jedermann“ vor der grandiosen Kulisse des Kaiserdoms inszenieren konnte, hat ihn aber mit allem ausgesöhnt. Und aufgehört hat er auch danach nicht. Sein „Jedermann“-Darsteller Ralf Bauer holte ihn als Regisseur nach München. Für die Komödie im Bayerischen Hof, das Theater, an dem er 42 Jahre zuvor selbst auf der Bühne stand, inszenierte Kaus zwei Stücke mit Bauer in der Hauptrolle, die auch erfolgreich auf Tournee sind.

Dass er die zweite Regie im Jahr 2013 führen konnte, war jedoch nicht selbstverständlich. Einige Zeit vorher brach Kaus, dem zehn Jahre zuvor bereits bei einer Herzoperation fünf Bypässe gesetzt wurden, plötzlich zusammen.

„Ich habe gemerkt, dass die Kraft eine andere ist. Ich musste mich einschränken.“

Seitdem lebt Wolfgang Kaus noch bewusster. Er bedanke sich jeden Morgen, dass er wieder habe aufwachen dürfen, sagt er.

Gleichzeitig hat er noch einmal auf sein Leben zurückgeblickt und den zweiten Teil seiner Erinnerungen geschrieben. Sie erscheinen im Eigenverlag zu seinem Geburtstag unter dem Titel „Und es lohnt sich doch“. Schließlich hatten die Ärzte schon bei der ersten Operation vor 13 Jahren darüber diskutiert, ob sie überhaupt noch sinnvoll sei. Diese Frage beantwortet Kaus heute mit einem klaren „Ja“.

Die Zukunft

Seinen 80. Geburtstag will er mit vielen Freunden und Wegbegleitern feiern. Da er stets überall gerne gesehen ist, ist seine Gästeliste entsprechend lang. Sein Blick geht aber auch bereits darüber hinaus: Drei Tage später steht ein Radioauftritt im Hessischen Rundfunk an. Und ein bisschen versucht er sogar, in die Zukunft zu schauen, zumindest in jene, die ihm die Stellung der Gestirne verrät. Die Astrologie begleitet den Schauspieler seit langem.

„Ich habe vor mehr als 30 Jahren eine Zeit lang Geld verdient mit dem Erstellen von Horoskopen“,

erinnert sich Kaus an seinen fünften Beruf, für den er Unterricht bei einer Münchener Astrologin nahm. Heute schaut er nur noch aus Privatvergnügen in die Sterne, um die Konstellationen seines Tierkreiszeichens Löwe an wichtigen Tagen zu kennen. Natürlich hat er sich die Sterne für den 23. Juli bereits angesehen.

„Es wird für mich eine sehr schöpferische Zeit“, verrät er.

Es werde alles klappen. Immerhin erwartet er zur Feier im Römerhöfchen auch prominente Wegbegleiter wie Helmut Markwort und Tony Marshall. Den Auftritt vor ihnen und den übrigen Gästen meistert er garantiert souverän.