Karlsruhe: Stummfilmfestival-Publikum erneuert sich

Sparmaßnahmen der Stadt führen zum Verlust des ZKM-Medientheaters als Aufführungsort

Karlsruhe – Vom 14. bis 18. März 2018 findet in Karlsruhe das 16. Stummfilmfestival statt. Dieses Jahr liegt der inhaltliche Schwerpunkt wieder, wie im Vorjahr, auf den Werken der berühmten deutschen Stummfilm-Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau und die Aufführrungsorte sind der Stephanssaal und die Kinemathek der Fächerstadt. Festivalleiter Josef Jünger hat für Metropolnews einige Fragen zum diesjährigen Programm beantwortet.

Metropolnews: Friedrich Wilhelm Murnau ist früh, schon mit 43 Jahren, gestorben. Reicht sein Werk in Anzahl und Qualität dennoch, um das Hauptprogramm gleich zweier Karlsruher Stummfilmfestivals zu füllen?

Josef Jünger: Wir sind ja ein kleines Festival und können das Gesamtwerk von F. W. Murnau in einem Programm nicht sinnvoll präsentieren. Unser Publikum ist vorrangig lokal oder regional basiert, so dass Veranstaltungen tagsüber, wenn wir das machten, sehr schwach besucht waren. Wir machen das nur noch am Wochenende. Dann haben wir immer noch einige Sonderprogramme, wie dieses Jahr das Projekt mit den Schulen und den Thementag „Literatur, Theater und Film“. Schließlich gibt es noch die sogennanten Referenzfilme, also Filme, die im Kontext des Werkes von Murnau zu sehen sind. Das sind dieses Jahr „Moana with sound“, als erste Aufführung der restaurierten Fassung in Deutschland und „Varieté“ von E. A. Dupont. Zusammen genommen ist es also nicht nur sinnvoll, sondern eigentlich notwendig, das Werk von Murnau auf zwei Festivals zu verteilen.

Bedauerlicherweise finden diesen Jahr keine Vorführungen im Medientheater des ZKM Karlsruhe statt. Dieser Saal war in der Vergangenheit immer hervorragend für die Kombination von Stummfilm und einer musikalischen Stummfilm-Begleitung (hier wäre ganz besonders Gabriel Thibaudeau am Klavier zu nennen) geeignet. Müssen sich die Stummfilmfestival-Besucher auf Dauer vom Vorführort ZKM-Medientheater verabschieden?

Jünger: Professor Weibel hat uns geschrieben und mitgeteilt, dass das ZKM seine Ressourcen – also Raum und Personal – selbst benötigt und deswegen das Stummfilmfestival nicht mehr im ZKM stattfinden kann. Auch auf die Sparmaßnahmen der Stadt hat er hingewiesen. Wir bedauern das, aber können es von uns aus nicht ändern. Ich hoffe, dass die Zukunft vielleicht eine Rückkehr ins ZKM bringt.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird das Stichwort „Stummfilm“ fast auschließlich mit den Komödien von Stan Laurel/Oliver Hardy und Charlie Chaplin verbunden, bestenfalls kommt noch die Nennung von Buster Keaton dazu. Dass es großartige Stummfilm-Dramen voller Blut, Schweiß und Tränen gibt, scheint auf lange Zeit so etwas wie ein Geheimtipp zu bleiben. Wird es immer genug Perlen aus der Stummfilm-Ära, seien es nun Komödien oder Dramen, geben, die man auf dem Festival zeigen kann? Immerhin wurden nach 1929 ja kaum noch Stummfilme gemacht.

Jünger: Ich denke zur öffentlichen Wahrnehmung gehört zumindest in Deutschland auch der einzige Film, der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, also „Metropolis“ von Fritz Lang. Man kann an dieser Stelle eine gewisse Geschichtslosigkeit unserer Zeit bedauern, aber wir machen ja das Stummfilmfestival, um den Stummfilm lebendig zu halten. Leider wird auch in Karlsruhe von wissenschaftlicher Seite viel zu wenig in diese Richtung unternommen. So kommt die diesjährige Praktikantin des Festivals nicht vom KIT, sie hat European Filmstudies in Utrecht, Lyon und Weimar studiert. Aber zur eigentlichen Frage zurück: ja, es gibt genügend Stummfilme, um das Festival unbegrenzt auch in Zukunft zu veranstalten. Es gibt zum Beispiel sehr viele ausländische Stummfilme, die wir zur Zeit eigentlich nicht spielen können, weil wir dafür zu wenig Publikum finden. Wir würden mit italienischen Diven-Filmen, französischen Serien von Feuillade oder skandinavischen Filmen von Stiller oder Sjöström das Festival nur in die roten Zahlen treiben. Andererseits erneuert sich das Publikum ja in einem bestimmten längeren Zeitintervall. Deswegen ist es sinnvoll, auch die großen Klassiker in selbstverständlich großen Zeitabständen zu wiederholen. Unser erstes sehr kurzes Murnau-Programm mit 4 Filmen haben wir im Jahr 2004 gespielt. Jetzt zeigen wir innerhalb von zwei Jahren sein gesamtes Werk. Das ist die Entwicklung des Festivals.

Die Fragen stellte Hannes Blank.

Das Programm des 16. Stummfilmfestival ist zu finden unter:
http://stummfilmfestival-karlsruhe.de