Kaiserslautern: Architektonisches Schmuckstück mit neuem Dach

Sanierung und Rekonstruktion

Gründerzeitvilla
Architektonisches Schmuckstück mit neuem Dach: die Gründerzeitvilla beherbergt das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern (Foto: Bezirksverband Pfalz)

Kaiserslautern – Das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern am Benzinoring hat ein neues Dach bekommen. Dadurch ist nun die ursprüngliche Erscheinung des stark gegliederten Daches, das während des Zweiten Weltkriegs beschädigt worden war, wieder hergestellt.

Bei der Maßnahme, für die der Bezirksverband Pfalz gut 500.000 Euro zur Verfügung gestellt hat, wurden sowohl der Denkmalschutz, als auch Brand- und Klimaschutz berücksichtigt. Das Dach der Gründerzeitvilla aus dem Jahr 1900 war durch eine Brandbombe, die die Pfalzgalerie getroffen hatte, ebenfalls beschädigt worden, was man nach dem Krieg jedoch nur notdürftig reparierte.

Im Sommer 2017 ging es mit den Bauarbeiten los, die der Kaiserslauterer Architekt Jürgen Sand koordiniert hat und den rund ein Dutzend Firmen ausführten. Dabei mussten etliche Herausforderungen gemeistert werden, wie zum Beispiel galt es, acht verschiedene Traufhöhen und zahlreiche Vor- und Rücksprünge in der Fassade zu berücksichtigen. Zunächst wurde das alte Dach, das an verschiedenen Stellen undicht war, abgedeckt; Tauben hatten ihm außerdem gewaltig zugesetzt. Denn sie nisteten in allen Hohlräumen rund ums Haus, beispielsweise an den Zwerggiebeln und Gauben. Taubenmilben und -zecken hatten sich angesiedelt, und insbesondere der Taubenkot musste abgesaugt und der Dachstuhl desinfiziert werden. Da Taubenkot auch aggressiv ist, hatte er das Holz angegriffen, und so musste unter anderem die Traglattung erneuert werden, worauf man bei der Neueindeckung von 1986 verzichtet hatte. Im neuen Dach gibt es keine Einschlupflöcher mehr, dafür aber eine Taubenabwehr. Schließlich erneuerte man die Regenfallrohre und den Blitzschutz. Aus Brandschutzgründen erhielt das Treppenhaus eine zusätzliche Rauchabzugsklappe. Die Büroräume im Dachgeschoss bekamen neue Gauben- und Dachliegefenster, die zwecks Wärme- und Kälteschutz mit Außenrollladen versehen sind. Auch ersetzten zwei neue Gauben zur Siegfriedstraße die beiden vorhergehenden. Außerdem stattete man die Büroräume im obersten Geschoss mit einem neuen Teppichboden aus. Der Notausstieg wurde als zweiter Rettungsweg mit Außentreppenstufen und Standkehle versehen und die Klimageräte für die Kühlung des Archivs und Dachraums ausgetauscht.

Als Vorlage für die Sanierung dienten alte Fotos, unter anderem von 1913, so dass die Rekonstruktion so genau wie möglich ausfallen konnte. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem Türmchen an der Ecke Benzinoring/Siegfriedstraße – ein weithin sichtbares städtebauliches Merkzeichen. Die Turmspitze mit Wetterfahne gestaltete man nach dem Vorbild der alten Fotos. Auf dem Dach liegen farbige Falzbiberziegel im Rautenmuster von den inzwischen untergegangenen Jockgrimer Falzziegelwerken Carl Ludowici, die teilweise erneuert und ergänzt werden mussten. Nach langer Suche fand sich die Ziegelmanufaktur Ullrich im badischen Forst zwischen Heidelberg und Karlsruhe, die nach Originalrezept in Bezug auf Ton, Farbglasur und Form die fehlenden Ziegel herstellte. Auch Steinmetze waren am Werk, um unter anderem Vierungen, Fensterbänke und Sandsteingewände auszutauschen beziehungsweise zu ergänzen. Die gesamten Arbeiten wurden bei laufendem Institutsbetrieb erledigt, wodurch die Handwerker mit besonderer Umsicht vorgehen mussten.

Wer das Schmuckstück aus der Zeit des Historismus am Kaiserslauterer Benzinoring 6 besichtigen möchte, hat am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, 9. September, von 11 bis 15 Uhr Gelegenheit dazu. Führungen durch Institutsdirektorin Dr. Sabine Klapp, ihrem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Christian Decker und dem Architekten Jürgen Sand finden um 11, 12, 13 und 14 Uhr statt. Kurzvorträge gibt es um 11.30, 12.30, 13.30 und 14.30 Uhr. Eine Person im historischen Gewand ist ebenfalls anwesend. Die Besucherinnen und Besucher erhalten Informationen über die Baumaßnahme, die Geschichte der Villa und die Aufgaben des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde, das seit 1972 dort beheimatet ist. Weitere Auskünfte erteilt Dr. Christian Decker, Telefon 0631 3647-330, c.decker@institut.bv.pfalz.de<mailto:c.decker@institut.bv.pfalz.de>