Baden-Württemberg: Fußballverbände empfehlen Beendigung der Saison 2019/20 – außerordentlicher Verbandstag entscheidet

Symbolfoto Pokalrunde-Fußballspiel des Badischen Fußballverbands (Foto: Hannes Blank)
Symbolfoto Pokalrunde-Fußballspiel des Badischen Fußballverbands (Foto: Hannes Blank)

Karlsruhe – Die Baden-württembergischen Fußballverbände haben in Abstimmung untereinander sowie auf Grundlage der rechtlichen und behördlichen Rahmenbedingungen das weitere Vorgehen beschlossen.

Demnach sprechen sich die Verbandsgremien einhellig für die Beendigung der Saison 2019/20 zum 30. Juni 2020 aus, so wie es die jeweiligen Spielordnungen vorsehen. Die finale Entscheidung zwischen diesem Modell oder der Alternative „Fortsetzung der Saison über den 30.06.2020 hinaus“ trifft ein außerordentlicher Verbandstag im Juni. Neben der Empfehlung des Verbandsvorstands soll auch eine offizielle Umfrage unter den bfv-Vereinen Grundlage für die Wahl durch die Delegierten sein.

Keine Möglichkeiten, die Meisterschaftsrunden regulär bis zum 30.06.2020 zu beenden
Die Verordnung der Landesregierung Baden-Württemberg über infektionsschützende Maß-nahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) in der Fassung vom 9. Mai 2020 sieht weiterhin umfassende Beschränkungen vor, die die Aus-tragung von Fußballspielen unmöglich machen. Nach dem Stufenplan für Baden-Württemberg konnten zwar Freiluft-Sportanlagen für Sportaktivitäten ohne Körperkontakt am 11. Mai 2020 wieder in Betrieb genommen werden, so dass ein Training unter Beachtung strenger Vorgaben in Kleingruppen und ohne Körperkontakt stattfinden kann. Weiterhin „nicht abschätzbar“ ist, wann Mannschaftssport – und demnach Fußballspiele im eigentlichen Sinne – wieder erlaubt sein werden. Die Gremien aller drei Fußball-Landesverbände sehen daher keine Möglichkeiten mehr, alle Meisterschaftsspiele regulär bis zum 30.06.2020 zu beenden.

Vor diesem Hintergrund ist darüber zu entscheiden, wie mit den anteilig absolvierten Meisterschaftsrunden umzugehen ist. Aus der bfv-Satzung und den Ordnungen ergeben sich Verpflichtungen gegenüber den am Spielbetrieb teilnehmenden Mitgliedsvereinen. Diese bestehen insbesondere darin, die Meisterschaften im ausgeschriebenen Spieljahr (01.07.-30.06.) auszutragen, sportliche Meister und Aufsteiger zu ermitteln sowie eine ordnungsgemäße Durchführung der Folgesaison (hier: 2020/21) zu gewährleisten. Auf Grund der COVID-19-Pandemie ist es dem bfv unmöglich oder unzumutbar, einzelne Verpflichtungen zu erfüllen, weswegen eine Abwägungsentscheidung auf Grundlage der aktuellen Situation zu treffen ist. Der bfv hat alle möglichen Szenarien auf Herz und Nieren geprüft, insbesondere auch auf deren rechtliche Vertretbarkeit.

Als die beiden einzigen, umsetzbaren Optionen bleiben demnach: Erstens die Beendigung der Saison regulär zum 30.06.2020 mit Wertung der bisher sportlich erzielten Entscheidungen. Oder zweitens die Fortführung der Saison über den 30.06.2020 hinaus mit frühestem Start am 01.09.2020.

Gelten soll die Entscheidung in allen Spielklassen der Herren und der Frauen von den Verbandsligen bis zu den Kreisstaffeln sowie bei der Jugend. Da es in den Jugendstaffeln weitere, besondere Konstellationen gibt, befasst sich der Jugendausschuss noch mit konkreten Regelungen. Die Verbände werden sich außerdem dafür einsetzen, dass auch die Gesellschafterversammlungen der Oberliga Baden-Württemberg (Herren, Frauen, Jugend) und der Regionalliga Südwest in diesem Sinne entscheiden.

Ausdrücklich von der aktuellen Entscheidung ausgenommen sind die Pokalwettbewerbe des Badischen Fußballverbandes. Insbesondere in den Wettbewerben, in denen Teilnehmer am DFB-Pokal ermittelt werden, kommen abweichenden Regelungen in Betracht. Beispielsweise die Austragung nach dem 30.06.2020, sofern es die behördliche Lage erlaubt.

Beendigung der Meisterschafts-Saison mit Wertung nach „Quotienten-Regelung“: direkte Aufsteiger, aber keine Absteiger

Bei der Option, das Spieljahr 2019/20 am 30.06.2020 zu beenden, werden keine Meisterschaftsspiele des laufenden Spieljahres mehr ausgetragen. Die direkten Aufsteiger sollen über den Quotienten aus erzielten Gewinnpunkten und ausgetragenen Spielen ermittelt werden. Berücksichtigt werden sollen auch Spiele, über deren Wertung bis 30. Juni 2020 sportgerichtlich rechtskräftig entschieden ist. Meister und direkter Aufsteiger ist die Mannschaft mit dem höchsten Quotienten. In Staffeln, in denen weitere Mannschaften direktes Aufstiegsrecht besitzen, wird auch diese Platzierung ermittelt und die Mannschaft steigt auf. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Aufsteiger anhand sportlicher Kriterien ermittelt werden können, und zwar rechtzeitig für die Teilnahme am Spielbetrieb der übergeordneten Liga im Spieljahr 2020/21. Die „Quotienten-Regelung“ hat gegenüber der Alternative, den Aufsteiger anhand der Vorrundentabelle zu ermitteln, den Vorteil, dass jedes ausgetragene Spiel tatsächlich berücksichtigt wird und dies der Absolvierung sämtlicher Meisterschaftsspiele am nächsten kommt.

Weitere Platzierungen, die zur Teilnahme an Relegations- oder Aufstiegsspielen berechtigten, sollen nicht ermittelt werden. Während die bfv-Spielordnung vorsieht, dass alle Meister von der Landesliga bis zu den Kreisligen C aufsteigen, bedeutet eine Platzierung, die zur Teilnahme an Relegations- oder Aufstiegsspielen berechtigt, nur eine Aufstiegschance. Ob aus dieser Aufstiegschance ein Aufstiegsrecht erwächst, kann sportlich nicht ermittelt werden. Zudem ist auch nicht ersichtlich, wie anhand anderer sportlicher Kriterien einem von mehreren Vereinen daraus resultierend ein Aufstiegsrecht zugesprochen werden könnte.

Absteiger sollen ebenfalls nicht ermittelt werden. Dies vor dem Hintergrund, dass ein Abstieg nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich in der Regel schwerer wiegt als ein Nichtaufstieg. Dies hat zur Folge, dass im darauffolgenden Spieljahr aufgrund der Aufstockung ein verschärfter Abstieg erfolgen muss, was aber vertretbar erscheint.

Fortsetzung der Saison 2019/20 über den 30.06.2020 hinaus

Alternativ besteht die Möglichkeit, die Spielzeit 2019/20 nach einer längeren Pause frühestens ab dem 1. September 2020 fortzusetzen. Dafür spricht, dass Meister, Aufsteiger sowie Absteiger im Rahmen einer vollständigen Spielrunde ermittelt werden. Dagegen spricht aber insbesondere das Risiko, Aufsteiger erst zu einem Zeitpunkt ermitteln zu können, zu dem übergeordnete Spielklassen bereits den Spielbetrieb des Spieljahres 2020/21 wieder begonnen haben. Zudem würde die Saison erst nach der Transferperiode vom 1. Juli bis 31. August 2020 fortgesetzt werden, so dass gravierende Veränderungen der Mannschaftskader und somit deutlich geänderte Wettbewerbsbedingungen zu erwarten sind. Auch im Zusammenhang mit Vertragsverhältnissen bestehen erhebliche rechtliche Bedenken. In der Jugend spielen darüber hinaus Faktoren wir der Jahrgangswechsel eine Rolle.

Gemeinsamer Weg in Baden-Württemberg: Vorschlag durch Verbände, Entscheidung durch Vereine

Nach Abwägung aller relevanten Aspekte ist das Modell „Weiterspielen“ aus Sicht der Verbandsgremien weniger interessengerecht. Daher sprechen sich die Gremien der drei Fußballverbände für die Beendigung der Saison 2019/20 zum 30.06.2020 aus. Bei allen Überlegungen hat eine zentrale Rolle gespielt, eine landesweit einheitliche Regelung zu finden, erklärt bfv-Präsident Ronny Zimmermann: „Wir haben von Anfang an in dem intensiven Dialog mit den Vereinen betont, dass wir uns ganz bewusst die Zeit für gründliche Abwägungen nehmen wollen. Daher haben wir die Entscheidungen der Politik abgewartet und uns insbesondere intensiv bemüht, diesen Weg in Baden-Württemberg gemeinsam zu gehen.“ Das einheitliche Vorgehen sei der guten, vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit der drei Verbände zu verdanken. „Damit haben wir einen großen Schritt gemacht“, betont der bfv-Präsident, wohlwissend, dass dieser Weg nicht alle Vereine glücklich macht. „Die Lösung, die allen gefällt, gibt es nun mal leider nicht.“

Jetzt liegt der Ball sprichwörtlich bei den Vereinen. Um den Delegierten ein umfassendes Meinungsbild aller Mitgliedervereine mitzugeben, wird der bfv in den nächsten Tagen eine Umfrage starten. Diese wird über das E-Postfach stattfinden und soll die offizielle Meinung jedes Vereins wiederspiegeln. Die endgültige Entscheidung fällt dann beim außerordentlichen Verbandstag, dessen Termin aktuell noch in Abstimmung ist. Denn einerseits müssen Fristen beachtet werden zum anderen soll der Termin innerhalb Baden-Württembergs parallel stattfinden. Vorgesehen ist die Durchführung zwischen dem 6. und 27. Juni 2020. „Uns ist klar, dass die Vereine sich schnellst möglich eine verbindliche Entscheidung wünschen. Ein kleines Bisschen mehr Geduld müssen wir alle aber noch haben“, bittet Zimmermann.

Entscheidung über den Spielmodus 2020/21 erfolgt später

Offen bleiben muss zunächst noch, in welchem Spielmodus die Saison 2020/21 ausgetragen wird. Klar ist, dass sie frühestens am 01.09.2020 starten soll. Selbstverständlich verfolgen die Fußballverbände das Ziel, die Meisterschaftsrunden in der kommenden Saison im gewohnten Rahmen mit Hin- und Rückspielen unter Zuschauerbeteiligung auszutragen. Die weiteren Entwicklungen sind aktuell jedoch nicht abschätzbar.