Staatsdefizit im 1. Halbjahr 2020 beträgt 51,6 Milliarden Euro

Wiesbaden – Das Finanzierungsdefizit des Staates betrug im 1. Halbjahr 2020 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 51,6 Milliarden Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen (1.622,2 Milliarden Euro) errechnet sich daraus eine Defizitquote von 3,2 % (Überschussquote im 1. Halbjahr 2019: +2,7 %).

Nachdem im 1. Halbjahr 2019 noch ein Überschuss von 46,5 Milliarden Euro realisiert wurde, machte sich im 1. Halbjahr 2020 die Corona-Pandemie in den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung deutlich bemerkbar. Bei den Staatseinnahmen war erstmals seit 2010 ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu verzeichnen (-3,6 %). Die Ausgaben des Staates im 1. Halbjahr 2020 erhöhten sich dagegen um 9,3 %. Ein Finanzierungsdefizit für die erste Jahreshälfte hatte der Staat zuletzt nach der Finanzmarktkrise im Jahr 2011 verzeichnet.

Bei den Ergebnissen handelt es sich um Daten in der Abgrenzung des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 2010. Sie bilden die Grundlage für die Überwachung der Haushaltslage in den EU-Mitgliedstaaten nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (Maastricht-Kriterien). Aus den Ergebnissen für das 1. Halbjahr lassen sich nur begrenzt Rückschlüsse auf das Jahresergebnis ziehen. Dies wird in diesem Jahr verstärkt durch die Unsicherheiten bei der Entwicklung der Corona-Pandemie.

Bund verzeichnet mit 27,1 Milliarden Euro das größte Finanzierungsdefizit

Das Finanzierungsdefizit im 1. Halbjahr 2020 ergibt sich aus der Differenz zwischen Einnahmen (766,7 Milliarden Euro) und Ausgaben (818,3 Milliarden Euro) des Staates. Alle staatlichen Ebenen wiesen einen negativen Finanzierungssaldo aus: Der Bund verzeichnete mit 27,1 Milliarden Euro das größte Finanzierungsdefizit. Die Länder wiesen ein Minus von 10,2 Milliarden Euro aus, die Sozialversicherungen von 7,8 Milliarden und die Kommunen von 6,4 Milliarden Euro.

Kleines Plus bei Sozialbeiträgen, deutliches Minus bei Steuern

Auf der Einnahmeseite blieben insbesondere die Steuern, die rund die Hälfte der gesamten Einnahmen des Staates ausmachen, im 1. Halbjahr 2020 hinter dem entsprechenden Vorjahreswert zurück (-8,1 %). Besonders stark war dabei der Rückgang bei den Einkommen- und Vermögensteuern, deren Aufkommen im 1. Halbjahr 2020 um 10,2 % geringer ausgefiel. Hier wirkte sich vor allem der Einbruch bei den von Unternehmen gezahlten Steuern (-26,8 %), insbesondere bei Körperschaft- und Gewerbesteuer, aus. Dagegen fiel der Rückgang bei den von den privaten Haushalten gezahlten Einkommen- und Vermögensteuern mit -4,7 % vergleichsweise moderat aus. Die Einnahmen aus Produktions- und Importabgaben gingen im 1.Halbjahr 2020 um -5,4 % zurück. Leicht höhere Einnahmen konnte der Staat bei den Sozialbeiträgen mit +1,8 % realisieren. Für diese weiterhin positive Entwicklung sind insbesondere die stabilisierenden Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik, wie der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld, verantwortlich.

Subventionen steigen überdurchschnittlich

Bei den Ausgaben verzeichneten alle von der Corona-Pandemie betroffenen Ausgabenpositionen deutliche Zu­wächse. Insbesondere die Ausgaben für Soforthilfen und die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge für Kurzarbeit trugen zum starken Anstieg der Subventionen (+177,5 %) bei, während sich die Beschaffung von Schutzausrüstung im Zuwachs der Vorleistungen (+17,3 %) widerspiegelt. Der Umfang der gezahlten monetären Sozialleistungen (+6,7 %) erhöhte sich auch aufgrund der starken Ausweitung der Kurzarbeit überdurchschnittlich.


Methodische Hinweise
Die Gewährung von Corona-Hilfen in Form von Darlehen, Beteiligungen oder Bürgschaften hat grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Finanzierungssaldo des Staates in Abgrenzung des ESVG 2010. Auch die gewährten Steuerstundungen wirken sich nicht auf den Finanzierungssaldo in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen aus. Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen bilden die in einer Periode geschaffenen wirtschaftlichen Werte ab und nicht die Zahlungsströme in einer Periode.

Die größeren Unsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie können wie bei allen Bestandteilen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zu stärkeren Revisionen als sonst üblich führen.