Digitalisierung in Deutschland noch immer im Verzug (Foto: Pixabay)

Industrie, Bildungswesen, Gesundheit, Städte und Gemeinden – Diese und weitere Bereiche gilt es in Deutschland zu modernisieren.

Mit dem Suffix „4.0“ soll signalisiert werden, dass der nächste große Schritt getan ist, Industrie 4.0 etwa bedeutet, dass in Unternehmen Maschinen und Anlagen mit dem Menschen verbunden werden. Künstliche Intelligenz sammelt Daten und wertet diese aus, damit Entscheidungsträger Prozesse optimieren können. Doch die Digitalisierung soll das Leben in allen Bereichen berühren und insbesondere die Ausgangssperren und Versammlungsverbote haben gezeigt, wie sehr Deutschland noch im „3.0“-Gedanken gefangen ist.

Digitalisierung in Unternehmen ist für Privathaushalte ein eher theoretisches Konstrukt. Dabei gehen viele Ziele der bundesweiten Digitalisierungsstrategie mit Vorteilen für den Endverbraucher einher. So planen Gemeinden und Kommunen, ihre Verwaltungsdienste größtenteils digital anzubieten, was den lästigen Behördengang ersparen soll.

Stand der Dinge

Ein zentraler Indikator für den Stand der Digitalisierung ist die flächenweite Anbindung an leistungsstarkes Internet. Diese ist angesichts des enormen Zuwachses an Heimarbeit und Fernunterricht noch wichtiger geworden. Bis 2025 plant der Bund die flächendeckende Anbindung an das Gigabitnetz (Übertragungsgeschwindigkeit über 1.000 Mbit/s), was sowohl Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Privathaushalte einschließt. Doch auch 2020 besteht weiterhin eine klare Spaltung zwischen den verhältnismäßig gut versorgten Metropolregionen und den ländlichen Ortschaften. Das fehlende Interesse und die zu geringen Fördermittel der Vorjahre fordern nun ihren Tribut. Schulen waren unzureichend auf die neuen Anforderungen vorbereitet, Lehrer waren nicht geschult und es fehlte an technischer Infrastruktur. Eine Studie der Postbank zeigt, dass rund die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler mit dem Online-Unterricht ihrer Schulen zufrieden sind.

Auch der Ausbau der Glasfaserleitungen, die die herkömmlichen Kupferleitungen ersetzen sollen, gestaltet sich problematisch. Für ein so starkes Industrieland wie Deutschland wirkt es wie ein Armutszeugnis, dass 2019 gerade einmal 3,6% der Festnetzanschlüsse über Glasfasertechnologie verfügten. Im Vergleich dazu lagen die europäischen Partner Schweden und Spanien deutlich über der Hälfte.

Auffangen durch Mobilfunktechnik?

Deutsche Telekommunikationsunternehmen nehmen verstärkt den neuen Mobilfunkstandard 5G in den Fokus, mit dem eine Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 10 GBit/s erreicht werden kann. Zumindest in der Theorie scheint 5G eine perfekte Auffanglösung zu sein, schließlich ist das mobile Internet schneller als der geplante 1 Gbit/s-Standard und erspart das Verlegen teurer Leitungen. Die benötigten Antennen sind günstiger als das Kabelnetzwerk. Trotzdem sehen viele Experten dies lediglich als eine Übergangslösung, denn die für 5G verwendeten Frequenzen haben nur eine sehr begrenzte Reichweite, eignen sich also besser für ein lokales Netzwerk. Flächendeckung wäre nur möglich, wenn bundesweit Antennen mit je einem Abstand von einem Kilometer zueinander aufgestellt würden. Auch bräuchte es dennoch ein Glasfasernetzwerk, denn die Antennen selbst benötigen Zugang zu diesem, um ihre volle Kraft entfalten zu können. Mobiles Internet bleibt eine bessere Alternative dafür, insulare ländliche Gemeinden zu versorgen, es wird jedoch nicht die Festnetzanbindung in den Städten ersetzen können.