Heidelberg: Stadtnotizen 03.03.2021

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Bahnstadt: Stellwerk 5 wird aufwendig saniert – Historisches Bauwerk an Promenade mit neuer Nutzung / Café und Rösterei ziehen im Sommer ein

Es sind historische Mauern, die zwischen den großen Metallfenstern in die Höhe ragen. 1914 erbaut, erinnert das Stellwerk 5 auf Höhe der Simferopolstraße an die bewegte Vergangenheit der Bahnstadt, als auf dem Areal des früheren Güter- und Rangierbahnhofs noch große, mit Wasserdampf betriebene Lokomotiven fuhren. Derzeit wird das historische Gebäude behutsam von den neuen Eigentümern umgebaut und saniert.

„Es war uns wichtig, dass der historische Charakter des Stellwerks bei dem Umbau erhalten und unterstrichen wird. Auch die maßgebliche innenliegende Technik des Stellwerks sollte in Teilen bestehen bleiben. Bei der Sanierung eines solchen Gebäudes liegt die Schwierigkeit darin, zum einen dem Denkmal gerecht zu werden und zum anderen den Bauherren eine sinnvolle Nutzung zu ermöglichen. Wir freuen uns, dass das hier in enger Zusammenarbeit mit den neuen Eigentümern in besonderem Maße geglückt ist“, sagt Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck.

Kulturdenkmal der regionalen Verkehrsgeschichte

Das Stellwerk 5 ist ebenso wie das Stellwerk 8 nahe der Schwetzinger Terrasse ein wichtiges technisches Kulturdenkmal der regionalen Verkehrsgeschichte. Zu diesen gehören auch die ehemaligen Güterhallen, der Tankturm und das Bahnbetriebswerk. Die für diesen Zweck bestimmte typische schmale Baukörperform des Stellwerks, das ziegelgedeckte Walmdach mit Fledermausgauben, der hohe massive Erdgeschoss-Sockel sowie die großen Metallfenster für den einst erforderlichen Überblick über das Schienennetz verleihen dem Gebäude einen besonderen Charakter. Dieser wird bewusst für das Stadtbild der Bahnstadt genutzt: Bereits in der frühen Planung und dem zugehörigen Konzept für den öffentlichen Raum wurde als Ziel formuliert, die historischen Relikte zu bewahren. Dabei ging es darum, diese einer neuen Nutzung zuzuführen.

Genau diesen Weg gehen nun die neuen Eigentümer. Die jungen Unternehmer Simon Kuch und Victor Lopez, die seit 2018 ein Café samt Rösterei in Dossenheim betreiben, wandeln das historische Gebäude mithilfe eines familieninternen Investors sorgsam um für die neue Nutzung. Geplant ist eine Kaffeerösterei im Obergeschoss, ein Café samt Außenbewirtschaftung im Erdgeschoss. Ab Mitte 2021 wollen sie erste Gäste bewirten.

Denkmalschutz: Historische Fassade bleibt erhalten

Da das Gebäude seit der Schließung des Güter- und Rangierbahnhofs im Jahr 1997 leer stand, hat die Zeit tiefe Spuren hinterlassen. Die Sanierung gestaltet sich aufwendig. Dabei stehen die Architekten Daniel Eno Lippold und Jan Volkmann im ständigen Austausch mit dem städtischen Amt für Baurecht und Denkmalschutz. Allen Beteiligten lag am Herzen, so wenig wie möglich am Gebäude zu verändern. So ist das bestehende Mauerwerk weiterhin sichtbar, ebenso viele alte Ziegel und Balken. Bei der Dachsanierung wurden lediglich marode Exemplare erneuert. Die Holzverschalung an der Außenfassade bleibt erhalten, ebenso die historische Holzdecke und Stahlträgerkonstruktion im Erdgeschoss. Die neuen Fenster haben die Inhaber an den historischen Charakter des Gebäudes angepasst. Bis zur Eröffnung folgen unter anderem noch Fassadenarbeiten, die Fertigstellung der Außenanlage sowie der Einbau der kompletten Inneneinrichtung für Rösterei, Café, Küche und Büro.


Startschuss für das „Heidelberger Bündnis für Jüdisch-Muslimische Beziehungen“

Mit dem „Heidelberger Bündnis für Jüdisch-Muslimische Beziehungen“ wird eine bundesweit einzigartige Plattform ins Leben gerufen: aufbauend auf einer starken Kooperationsstruktur wirkt das Bündnis in den Kulturbereich, in die Wissenschaftskommunikation sowie in die Bildungsarbeit und setzt sich aus drei unterschiedlichen Formaten jüdisch-muslimischer Allianzen zusammen: den „Jüdisch-Muslimischen Kulturtagen Heidelberg“, dem Podcast „Mekka und Jerusalem“ sowie den „Bildungsbausteinen Jüdisch-Muslimischer Beziehungen“.
Gefördert von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) wird das Bündnis von Teilseiend e.V. – Muslimische Akademie Heidelberg i.G., der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, dem Karlstorbahnhof und der Stadt Heidelberg getragen.

Der Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, Prof. Dr. Eckart Würzner, betont: „Das Bündnis ist mehr als ein Zeichen für die Vielfalt und Lebendigkeit jüdischen und muslimischen Lebens in Heidelberg. Deutschlandweit modellhaft geht es im Kultur- und Bildungsbereich neue Wege, um Antisemitismus und anti-muslimischem Rassismus zu begegnen. Es lädt uns alle dazu ein, die eigene Komfortzone zu verlassen, uns für andere gesellschaftliche Perspektiven zu öffnen und gemeinsam Verantwortung für unsere Demokratie zu übernehmen.“

„Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, der Muslimischen Akademie Heidelberg i. G. und den weiteren Akteuren ist bundesweit einzigartig. Wir sehen darin eine Vorbildfunktion für eine offene, plurale und solidarische Gesellschaft, in der jeder dazu angeregt wird, neue Allianzen einzugehen und zukunftsorientierte Konzepte eines demokratischen Zusammenlebens mitzugestalten“, ergänzt Prof. Dr. Werner Arnold, Rektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg.

Ausgehend von der Frage, wie wir Gesellschaft gestalten können und welche Möglichkeiten diese hat, mit Pluralität umzugehen, hat sich das Bündnis entscheidende Ziele gesetzt: „Wir möchten einen Beitrag zu mehr Sichtbarkeit von Jüdinnen*Juden und Muslim*innen in der öffentlichen Debatte leisten – nicht in Form eines interreligiösen Dialogs, sondern als zeitgenössische Intervention in Fragen von Kultur, Gesellschaft und gleichberechtigter Teilhabe“, erklärt Yasemin Soylu von der Muslimischen Akademie Heidelberg i. G. „Darüber hinaus möchten die Bündnispartner*innen den Kampf gegen Antisemitismus und Islamophobie mit anderen Formen von gruppenbezogenen Ressentiments verknüpfen und die Öffentlichkeit – jenseits des Streits um Israel/Palästina – für die Geschichte und Gegenwart jüdisch-muslimischer Beziehungen sensibilisieren“, so Soylu weiter.

Um diese Ziele zu erreichen, setzt das Bündnis auf innovative Konzepte, die jüdische und muslimische Positionen in all ihren Facetten sichtbar und für die Gesamtgesellschaft erfahrbar und diskutierbar machen: Der Podcast „Mekka und Jerusalem“ (gefördert von der Volkswagen Stiftung) vermittelt wissenschaftliche Einblicke in die jüdisch-muslimischen Beziehungen aus der Perspektive der Jüdischen Studien, der Israel-Studien und der Islamwissenschaft. Das vielfältige Veranstaltungsprogramm der Jüdisch-Muslimischen Kulturtage in den Sommermonaten bietet Menschen aller Altersgruppen und Hintergründe Gelegenheit, unterschiedliche Standpunkte zu entdecken und miteinander in Austausch zu gehen. In Zusammenarbeit mit der PH Heidelberg werden außerdem Bildungsbausteine für die Lehrkräfte-Ausbildung entwickelt, um jüdisch- muslimische Beziehungen in Wissenschaft und Schulsystem besser vermitteln zu können.

Dr. Petra Follmar-Otto, Vorständin der Stiftung EVZ unterstreicht die Besonderheit dieser Allianz: „Das von uns geförderte Bündnis stärkt den Zusammenschluss zwischen Organisationen vor Ort, die nicht darüber hinweggehen, sondern sich gemeinsam klar positionieren, wenn Jüdinnen und Juden oder Musliminnen und Muslime diskriminiert, angefeindet oder angegriffen werden. Diese Allianz hat Modellcharakter auf vielen Ebenen – für ein plurales, soziales und offenes Heidelberg, für lokale Allianzen gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus, für die integrative Kraft von Kultur, Bildung und Wissenschaft und dafür, jüdische und muslimische Positionen in unserer Gesellschaft sichtbarer und wirksamer zu machen.“


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