Professor Herwig Ott (v.l.n.r.), Dr. Thomas Niederprüm und Professor Artur Widera arbeiten mit ihren Partnern an dem neuen Quantencomputer. (Foto: Koziel/TUK)

Kaiserslautern – Quantencomputer bringen gegenüber klassischen, digitalen Rechnern erhebliche Vorteile in der Rechengeschwindigkeit.

Dies ist insbesondere bei der Lösung von Optimierungsproblemen von Bedeutung, bei denen es um die Berechnung komplexer Sachverhalte wie etwa bei Logistikabläufen geht. Um dieses Potential nutzbar zu machen, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung nun ein Projekt zur Entwicklung eines praxistauglichen Quantencomputers mit rund 25 Millionen Euro. Das gesamte Projektvolumen beträgt 29 Millionen Euro. Mehr als sieben Millionen Euro davon gehen an den Fachbereich Physik der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK).

Viele praxisrelevante Rechenprobleme lassen selbst heutige Hochleistungscomputer an ihre Grenzen stoßen. Dies zeigt sich beispielsweise immer wieder bei Optimierungsproblemen, wie etwa der Routenplanung mit vielen Zwischenstopps, der Optimierung von verzahnten Arbeits- und Produktionsprozessen, der Berechnung des idealen Steigflugs eines Flugzeuges oder der Planung ressourcenschonender Logistikabläufe bei Lieferketten und Umschlagplätzen.

Im Wettrennen um den Bau eines für Anwendungen nutzbaren Quantencomputers ist Forschenden der TU Kaiserslautern nun ein großer Erfolg gelungen. Sie konnten ein herausragendes Großprojekt zum Bau eines solchen Computers an der TU Kaiserslautern einwerben. In den kommenden fünf Jahren werden sie gemeinsam mit Kollegen der Universität Hamburg und des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM sowie Industriepartnern einen funktionsfähigen Quantenprozessor auf Basis von sogenannten Rydberg-Atomen entwickeln. Ziel ist es, industriell relevante Probleme zu optimieren. Der Quantencomputer wird in dem neu errichteten Forschungsgebäude „Laboratory for Advanced Spin Engineering“ (LASE) auf dem Universitätscampus stehen.

Quantencomputer können die Leistung herkömmlicher Computer um ein Vielfaches übertreffen, weil sie vollkommen anders funktionieren. Statt klassischer Bits, die entweder den Wert 0 oder 1 annehmen können, benutzen sie sogenannte Quantenbits, die gleichzeitig 0 und 1 sein können.

„Dadurch haben sie ein immenses Potenzial, Probleme anzugehen, die für klassische Computer unlösbar sind. Insbesondere versprechen sie, wichtige Probleme der Logistik und Prozessoptimierung lösen zu können. Sie sind eine zentrale Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts“,

sagt Professor Dr. Herwig Ott, Gruppenleiter am Fachbereich Physik der TUK, der das Projekt gemeinsam mit seinen Physikerkollegen Professor Dr. Artur Widera und Dr. Thomas Niederprüm eingeworben hat.

Professor Widera ergänzt:

„Wir sind stolz, dieses zukunftsweisende Projekt für die Stadt, Region und das Land Rheinland-Pfalz eingeworben zu haben, das internationale Sichtbarkeit für den Standort Kaiserslautern mit sich bringen wird. Es ist ein großer Erfolg, dass wir die Expertise in der Quantentechnologie und der Quantenphysik, die wir in den vergangenen zehn Jahren im Rahmen unserer Sonderforschungsbereiche aufgebaut haben, nun in dieses hochspannende Projekt einbringen können.“

Dr. Thomas Niederprüm erklärt weiter:

„Mit dem Quantencomputer möchten wir testen, wie Schiffsrouten für die Warenlogistik oder Lieferketten insgesamt verbessert und nachhaltiger gemacht werden können, sodass Energie eingespart wird und damit zum Klimaschutz beigetragen werden kann.“

Weitere zukünftige Anwendungsgebiete sind die Berechnung neuer Wirkstoffe für Medikamente oder die Optimierung von Versicherungsalgorithmen.

„Langfristig erwarten wir auch eine positive Auswirkung auf die regionale Industrie, da der Quantencomputer vollständig extern betrieben werden kann und Optimierungsprobleme an vielen Stellen auftauchen“,

schließt Professor Ott ab.

Universitätspräsident Professor Dr. Arnd Poetzsch-Heffter betont die Bedeutung des Vorhabens: „Mit dem Bau eines Quantencomputers zählen wir weltweit zu wenigen Forschungsstandorten, die diese neue Technologie entwickeln. Das ist ein hervorragender Erfolg und für den gesamten Standort von enormer strategischer Bedeutung. Ich gratuliere allen Beteiligten ganz herzlich dazu.“ Auch Professor Dr. Werner R. Thiel, Vizepräsident für Forschung und Technologie an der TUK, zeigt sich erfreut:

„Ich beglückwünsche die Kolleginnen und Kollegen. Sie haben in den vergangenen Jahren in verschiedenen Projekten, Sonderforschungsbereichen und auch im vom Land geförderten Profilbereich OPTIMAS den Grundstein dafür gelegt. Das zahlt sich nun aus.“

Zu dem Forschungskonsortium „RYMAX“ gehören neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TU Kaiserslautern Forschende der Universität Hamburg, des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM und Industriepartner aus den Bereichen Lasertechnik, optische Technologien, Elektronik, Softwareentwicklung sowie Logistik.