Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Not (Foto: Westpfalz-Klinikum)

Kaiserslautern – Der Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums, Thorsten Hemmer, hat am Mittwoch, 19. Juli, bei einem Treffen mit dem Aufsichtsrat und den Gesellschaftern im Tagungszentrum des Klinikums in Kaiserslautern das neue Zukunftskonzept vorgestellt. Mit einem Bündel aus rund 25 Maßnahmen wollen Hemmer und sein Team das Haus, das genauso wie viele andere Krankenhäuser bundesweit vor erheblichen Herausforderungen steht, unter Berücksichtigung der anstehenden Gesundheitsreform wieder auf eine solide wirtschaftliche Basis stellen.

„Die weitreichenden Restrukturierungsmaßnahmen, die wir in den zurückliegenden Monaten gemeinsam mit einer externen Beratungsgesellschaft erarbeitet haben, sind teilweise bereits in der Umsetzung. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit diesem Zukunftskonzept einen Fahrplan entwickelt haben, der uns helfen wird, die Krise zu bewältigen. Allerdings liegt ein sehr weiter Weg vor uns. Wir gehen davon aus, dass sich die Lage erst im Jahr 2027 wieder entspannen wird“,

sagt Hemmer.

Wesentlicher Bestandteil des Maßnahmenprogramms ist die medizinische Schwerpunktbildung, die zur Erlössteigerung beitragen soll. So sieht das Zukunftskonzept beispielsweise vor, das Neurozentrum in Kaiserslautern weiter zu stärken – ein Wachstumsfeld, wie der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. med. Karlheinz Seidl betont.

„Das Neurozentrum vereint mit der Neurologie, der Neurochirurgie und der Neuroradiologie Fachbereiche unter einem Dach, die vor allem angesichts der Überalterung der Bevölkerung schon heute von großer Bedeutung sind“,

sagt der Mediziner.

Auch die Weiterentwicklung der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist ein zentraler Punkt im neu erarbeiteten Maßnahmenkatalog. Mit dem neuen Chefarzt der Klinik in Kaiserslautern, Dr. med. Alexander Ast, hat sich das Krankenhaus hier bereits neu aufgestellt. Ziel des neuen Chefarztes ist es unter anderem, mit seinem Team aus Pflegenden, Hebammen und Ärzten den Standort Kaiserslautern für werdende Eltern noch attraktiver zu machen und sich noch stärker als familienfreundliche Geburtsklinik zu positionieren.

Darüber hinaus will das Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern ein Lungenkrebszentrum etablieren und zertifizieren. Nach der Zertifizierung als Onkologischen Zentrum Anfang 2023 wäre das ein weiterer Meilenstein in der Versorgung von Krebspatienten in der Region. Ein interdisziplinäres Team aus Dr. med. Hermann Braun Lambur, neuer Leitender Arzt für Pneumologie, Prof. Dr. med. Manfred Dahm, Chefarzt der Klinik für Herz-, Lungen- und Gefäßchirurgie, Prof. Dr. med. Gerhard Held, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin 1, und Priv.-Doz. Dr. med. Jochen Fleckenstein, neuer Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie, arbeiten dabei interdisziplinär eng zusammen.

Neben der medizinischen Schwerpunktbildung sieht das Programm auch Maßnahmen zur Kosteneinsparung und zur Vollauslastung der Intensivstationen vor. „Unser Ziel ist es, die rund 25 Maßnahmen des Zukunftskonzeptes in den kommenden drei Jahren mit viel Tatkraft umzusetzen. So können wir unseren Patientinnen und Patienten auch langfristig die bestmögliche Versorgung bieten“, sagt Andrea Bergsträßer, Pflegedirektorin am Westpfalz-Klinikum. Das Westpfalz-Klinikum wird zudem vor allem in patientenfernen Bereichen nicht mehr jede Stelle, die im Rahmen der natürlichen Fluktuation frei wird, neu besetzen.

Die geplante Krankenhausreform, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vor wenigen Tagen vorgestellt hat, lässt allerdings keine Zweifel daran, dass die Kliniken in Deutschland noch eine längere Durststrecke vor sich haben. Zwar geht die Reform, die unter anderem eine Finanzierung auf Basis von Vorhaltepauschalen anstrebt, laut Geschäftsführer Thorsten Hemmer in die richtige Richtung. Denn Vorhaltepauschalen bedeuten, dass Krankenhäuser ähnlich wie Feuerwehr und Polizei nicht nur nach Einsätzen sondern auf für die Bereithaltung von Kapazitäten vergütet werden. Doch mehr Geld komme dadurch nicht ins System, kritisiert Hemmer. Die grundsätzliche Unterfinanzierung bleibe bestehen. Insolvenzen würden in Kauf genommen.

Um die Gesundheitsversorgung in der Region durch das Westpfalz-Klinikum sicherzustellen, hatten sich der Stadtrat Kaiserslautern, der Landkreis Kusel und der Donnersbergkreis als Gesellschafter bereits im Mai darauf verständigt, dem Klinikum einen Überbrückungskredit über insgesamt 15 Millionen zu gewähren. Zudem hatte das Krankenhaus bei Banken Kredite in Höhe von weiteren 7,5 Millionen verlängert, um die Liquiditätslücke von 22,5 Millionen Euro kurzfristig decken zu können.

„Bis 2026 werden wir zusätzlich zur Überbrückungsfinanzierung in Höhe von 22,5 Millionen weitere Gelder in Höhe von rund 38 Millionen Euro benötigen“, sagt Thorsten Hemmer. In der Gesamtsumme von rund 60 Millionen Euro sind allerdings auch die Eigenanteile für Investitionskosten, unter anderem für bauliche Maßnahmen an allen Standorten, von rund 35 Millionen Euro enthalten. Daher werden wir in den kommenden Wochen weitere Gespräche mit unseren Gesellschaftern und den Banken führen, um diese notwendigen Mittel zur Daseinsvorsorge in der Region aufbringen zu können“,

kündigt Hemmer an.