Heidelberg: Die Hundekot-Attacke

Die Hundekot-Attacke (Foto: Joachim Dette)
Die Hundekot-Attacke (Foto: Joachim Dette)

Der Titel dieses Textes verfolgt zunächst nur ein Ziel: Klicks zu generieren. Hunde sind oft ein Ärgernis, deren Kot ebenfalls. „Attacke“ klingt nach Krieg, Angriff.

Die sog. Hundekot-Attacke vom Februar 2023 gehört eigentlich nicht nach Heidelberg, sondern nach Hannover. Aber beim diesjährigen Stückemarkt des Theaters Heidelberg wurde ein gleichnamiges Gastspiel aufgeführt, das eben diese Hundekot-Attacke zum Thema hat. Im diesem Stück geht es – unter anderem – auch um Aufmerksamkeitsgewinn mittels der Verwendung derber Begriffe, eben: Die Hundekot-Attacke.

Zur Erinnerung: Im Februar 2023 beschmierte in Hannover ein Choreograph eine Kritikerin seiner Werke mit dem Kot seines Dackels. In echt, kein Teil einer Inszenierung. Der Vorfall schlug hohe Wellen, wirft er doch viele Fragen auf: Der Umgang mit Kritik ist eine zentrale Frage, ob man die ganze Sache überhaupt so hoch wie geschehen hängen sollte, ist eine andere. Wegen der Fäkalien bekam der Fall allerdings etwas anrüchig-skandalöses. Und Gewalt gegen Journalisten ist auch ein Thema.

Das Theaterhaus Jena hat daraus ein Bühnenstück gemacht. Die Heidelberger Zuschauer kamen in den Saal des „Zwinger“ und sahen eine karge Bühne: Ein paar Stühle, Mikrofone, eine weiße Leinwand. „Wir lesen jetzt die Emails vor“, sagte einer der Schauspieler und er sowie seine Kollegen setzen sich hin und begannen vorzulesen. Also doch kein Theaterstück, sondern eine szenische Lesung? Wie lange soll das so gehen? Fragte sich der Zuschauer, der eigentlich nicht für eine Lesung ins Theater gekommen war.

Die Schauspieler begannen also damit, ihre Emails vorzulesen, mit Datum, Uhrzeit und allen Emojis. Die Vorleser, die Figuren, verstrickten sich zunehmend in ihren Emotionen zum Thema und dann zueinander. Bald wurde nicht mehr miteinander kommuniziert, sondern deklamiert, propagiert oder einfach nur verschwurbeltes Zeug geredet. Die junge Tanztrainerin, ebenfalls in der Stuhlreihe vertreten, versuchte, „den Laden zusammen zu halten“, wie man so schön sagt. Doch das war vergeblich.

Spätestens an dieser Stelle war klar: Das ist Fiktion. Ein Stück über das groteske Scheitern eines Stückes. Und zwar ein sehr lustiges. Schön, dass die Jenaer ihr Stück, dieses Stück nach Heidelberg gebracht haben.

Irgendwann war es auch mit der Stuhlreihe, in der die Schauspieler saßen, vorbei. Da musste dann was raus, was die Figuren nicht einfach vorlesen können. Das Ensemble explodierte, könnte man sagen. Das Publikum im Zwinger: begeistert. Herrlich!

(Quelle: Hannes Blank)