Erste Regionale Betroffenen- und Angehörigenkonferenz im Neckar-Odenwald-Kreis

Nichts bleibt, wie es ist. Auch in der Eingliederungshilfe (Definition siehe Kasten) werden Angebote neu aufgelegt, beendet, weiterentwickelt oder angepasst. Nicht nur die Bedürfnisse der behinderten Menschen und ihrer Angehörigen verändern sich, auch die gesetzlichen Vorgaben – Stichworte UN-Konvention/Inklusion, Dezentralisation und neues Leistungsgesetz – setzen zwangsläufig Umstrukturierungsprozesse in Gang.

Um diese Prozesse auch im Neckar-Odenwald-Kreis so bedarfsgerecht wie möglich weiterentwickeln zu können, fand nun die 1. Betroffenen- und Angehörigenkonferenz im Landratsamt statt. Renate Körber, Fachbereichsleiterin Jugend und Soziales, konnte dazu rund 30 Personen begrüßen, die selbst viele persönliche und berufliche Erfahrungen rund um das Leben mit Behinderung gemacht haben: Heimbeiräte, Angehörigenvertreter, Vertreter der Lebenshilfe Mosbach und Buchen sowie der Johannes-Diakonie, Betreuer und Elternvertreter aus entsprechenden Schulen. Gespräch und Austausch standen im Mittelpunkt. „Sagen Sie uns, wo es fehlt“, so die Fachbereichsleiterin – eine Aufforderung, der die Anwesenden gern und ausführlich nachkamen. Dass diese Veranstaltung – die Schwarzachs Bürgermeister Theo Haaf im Übrigen als „mutigen Schritt“ bezeichnete –  künftig regelmäßig stattfinden wird, stand deshalb auch schon sehr bald fest.

In ihrer Begrüßung blickte Renate Körber auf etliche „wirklich gute Entwicklungen“ der letzten Jahre zurück: Das persönliche Budget beispielsweise, das Behinderten auch finanziell einen größeren Spielraum lässt oder die individuelle Hilfeplanung, die bei allen Entscheidungen den Menschen und seine individuellen Möglichkeiten und Ziele in den Mittelpunkt stellt. Jutta Schüle, von der eigens eingerichteten Beratungsstelle kam später auf dieses Thema zurück. „Insgesamt fordert die Politik eine andere Herangehensweise in der Eingliederungshilfe“, stellte die Fachbereichsleiterin fest und nannte als Beispiel die großen Komplexeinrichtungen, wie sie die Johannes-Diakonie in Mosbach und Schwarzach unterhält: „Die passen nicht mehr in das ideologische Bild, gewünscht sind viele kleine Einrichtungen.“ Vertreter der Johannes-Diakonie standen hier später bei vielen Fragen Rede und Antwort.

Im Anschluss stellte sich Jutta Schüle als Ansprechpartner vor. Sie arbeitet mit Thomas Bauer in der „Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung und ihre Familien“. Trägerunabhängig und ergebnisoffen bieten sie ihr Fachwissen allen Betroffenen an, um für sie „möglichst normale Lebensbedingungen zu erhalten oder zugänglich zu machen“. Dadurch konnten in sehr vielen Fällen schon vollstationäre Versorgungen oder höherschwellige Maßnahmen vermieden oder sogar „zurück gefahren“ werden. Christian Köckeritz als Behindertenbeauftragter im Neckar-Odenwald-Kreis unterstützt deren Arbeit in allgemeinen und konzeptionellen Fragen. Über das Leistungsangebot der Eingliederungshilfe, das von rund 1300 Personen im Kreis in Anspruch genommen wird, und über den „Teilhabeplan“, der außer dem Leistungsangebot auch die Bedarfe, Ziele und Handlungsempfehlungen zusammen fasst, informierte Melanie Bauer. Dann aber war Schluss mit der Theorie und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten ihre Fragen stellen und Anregungen formulieren. Nicht immer war die Landkreisverwaltung der richtige Adressat, aber der rege Austausch zeigte in jedem Fall, wo es Probleme und damit Verbesserungspotential gibt.   

Stichwort Eingliederungshilfe

Eingliederungshilfe im Sinne des Sozialgesetzbuches Neunter Teil und Zwölfter Teil (SGB IX, SGB XII) ist eine Sozialleistung für wesentlich geistig, körperlich oder seelisch behinderte Menschen. Sie soll dem Behinderten ermöglichen, so uneingeschränkt wie möglich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Ziel der Eingliederungshilfe ist, eine drohende Behinderung zu verhüten, die Folgen einer bestehenden Behinderung zu mildern oder zu beseitigen. Der behinderte Mensch soll entsprechend seiner Einschränkung die erforderliche Unterstützung erhalten. Er soll gleichzeitig befähigt werden, so selbstständig und integriert wie möglich zu leben.

Eingliederungshilfe kann für ambulante, teilstationäre oder auch stationäre Maßnahmen bewilligt werden. Dazu zählen unter anderem ambulant betreutes Wohnen für behinderte Menschen, Kurzeitunterbringung von behinderten Menschen, Hilfe in Werkstätten für behinderte Menschen, Hilfe zum Besuch von allgemeinen Kindergärten und Sonderschulkindergärten, zur angemessenen Schulbildung bzw. Berufsausbildung, dem Besuch einer Hochschule, Hilfe in Heimen, Hilfe für Suchtkranke oder die Versorgung mit größeren orthopädischen und anderen Hilfsmitteln.