Wilkes: „Stellungnahme des Parlamentarischen Finanzstaatssekretärs Dr. Michael Meister ist in Form und Inhalt inakzeptabel“

Finanzzuweisungen des Bundes an die Kommunen nach Koalitionsvertrag

"Während die 10%ige Diätenerhöhung für die Abgeordneten des Bundestages gleich zu Beginn der neuen Wahlperiode schnellstens beschlossen wurde, werden wichtige Reformvorhaben aus dem Koalitionsvertrag in die Zukunft verschoben" so die Kritik von Landrat Matthias Wilkes an der Politik in Berlin.

"Die Tinte auf dem Koalitionsvertrag ist noch nicht trocken und schon nach 3 Monaten gilt er nicht mehr. Dass der Parlamentarische Staatssekretär im Berliner Finanzministeriums, Dr. Michael Meister, dies nun auch noch mit Nebelkerzen öffentlich zu verschleiern versucht, darf im Interesse der Kommunen nicht durchgehen."
Jeder interessierte Bürger kann die klaren Vereinbarungen  der Berliner Koalition zur Entlastung der Kommunen im Internet nachlesen. Und jeder Bürger kann leicht feststellen, dass diese Zusagen nicht eingehalten werden sollen:

1. Die Entlastung in Höhe von jährlich 5 Mrd. Euro für die Aufwendungen der Kommunen für Menschen mit Behinderung. Hier ist innerhalb der laufenden Wahlperiode in der Tat kein Jahr genannt, es wäre damit noch vertragskonform, wenn dies im letzten Jahr der Wahlperiode, also 2017, stattfinden würde. Jetzt soll die Entlastung aber erst in der nächsten Wahlperiode stattfinden, wofür schon die demokratische Legitimation fraglich ist.
2. Vorab sollte nach Koalitionsvertrag in dieser Wahlperiode "jährlich" 1 Mrd. Euro gezahlt werden. Im ersten Haushalt der Koalition für 2014 findet sich dazu nicht mal ein Cent. Wenn Herr Staatssekretär Dr. Meister dafür als Begründung die dazu notwendigen komplizierten Berechnungen anführt, wäre es konsequent und ehrlich, die vorgesehene Entlastung für 2014 in 2015 nachzuholen. Ansonsten ist die Begründung nicht mehr als eine billige Ausrede.

"Meine Kritik mit dem Hinweis abzutun, 'ich beiße in die Hand die mich füttert", wirft leider ein bezeichnendes Bild auf die Haltung gegenüber den Kommunen. Gefüttert werden Babys oder auch Tiere im Zoo. Es ist dies die Sprache von Großfürsten und gehört in die Zeit von Absolutismus oder königlich-preußischem Staatsverständnis. 
Die Kommunen stehen aber nicht almosenbettelnd vor dem Reichstag, sondern erfüllen z.B. bei der Hilfe für Menschen mit Behinderung gesetzliche Ansprüche, die der Bundestag selber beschlossen hat. Die finanziellen Lasten nach "unten" abzudrücken und sich selbst für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt zu feiern ist aber weder solide noch ehrlich.
Im Haushalt des Kreises Bergstrasse sind nach Berechnungen des Landes im Jahr 2014 noch 1,37% freiwillige Leistungen enthalten. Das ist der Rest der Kommunalen Selbstverwaltung, die im deutschen Grundgesetz Verfassungsrang hat. Und die Aufforderung des Landes heißt: "weiter reduzieren….!"
Wenn wir nicht endlich dazu kommen, dass jede politische Ebene auch die Leistungen bezahlt, die sie beschließt, kriegen wir alle die öffentlichen Finanzen nicht in den Griff. Es geht ganz einfach gesagt darum, Verantwortung für sein eigenes Tun zu übernehmen. Das "Zurückrudern" in Berlin ist dafür ein schlechtes Signal.

Die Aufforderung von Staatssekretär Dr. Meister ich möge selber Vorschläge machen, wie das strukturelle Defizit beseitigt werden könne ist wohl eher rhetorischer Natur. Meine Vorschläge, die ich seit 10 Jahren vielfältig gemacht und kommuniziert habe, sind ihm bestens bekannt. Aber ich habe auch in vielfältiger Weise selbst entschieden, wo dies möglich ist.
Vom Umsteuerungskonzept des Jugendamts ("Raus aus teuren Hilfen, Investition in frühe, präventive Hilfen") über die Abschaffung der Verbeamtung um den Berg an Pensionslasten nicht immer höher werden zu lassen (übrigens für den nicht-hoheitlichen Bereich in Berlin zur Nachahmung empfohlen) bis hin zum Aufbau einer der schlagkräftigsten Wirtschaftsförderungen in unserer Region.
Leider wird der Erfolg dieser Anstrengungen von der staatlichen Unterfinanzierung bei gesetzlichen Pflichtaufgaben überdeckt. Selbst wenn wir die letzten freiwilligen Aufgaben komplett streichen würden, bliebe ein Defizit in 2-stelliger Millionenhöhe. Dieses Defizit ist gleichzeitig über die Kreisumlage die bittere Hypothek auch für die Städte und Gemeinden.
Nach über 10 erfolglosen Jahren,  den Staat zu bewegen politisch hier zu seiner Verantwortung stehen, musste jetzt mit dem Staatsgerichtshof ein Richterspruch her, um die Umsetzung der Aufgabenstellung zu erzwingen  "wer bestellt bezahlt". Es wäre schön, wenn der Bund sich dazu ebenfalls bekennen würde.