Podiumsdiskussion um Grüne Gentechnik als Beitrag zur Bekämpfung des Hungers

Das Augenmerk auf die Kleinbauern in Entwicklungsländern gerichtet

Prof. Dr. Hans-Jörg Jacobsen, Jonas Pavelka, Prof. Dr. Christian Kummer SJ, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein.

Die Diskussion um die Grüne Gentechnik wird seit über 20 Jahren geführt. Unter anderem durch die Zulassung der umstrittenen Genmaissorte 1507 durch die EU-Kommission wurde die Diskussion jetzt wieder angefacht. Entsprechend groß war das Interesse bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Grüne Gentechnik – ein verantwortbarer Beitrag zur Bekämpfung des weltweiten Hungers?“

Moderator und Bildungsreferent Jonas Pavelka zielte bei seinen Fragen an die drei Diskutanten vorrangig auf das Thema „Bekämpfung des Hungers“ – immer mit dem Aspekt, welche Gensorte und welcher Anbau welches Ziel rechtfertige.

Prof. Dr. Hans-Jörg Jacobsen ist Abteilungsleiter Pflanzenbiotechnologie am Institut für Pflanzengenetik der Leibniz-Universität, Hannover und praktisch in der ganzen Welt unterwegs, um Einblicke in die Genforschung zu geben. Er sieht darin „ein Potenzial für Probleme, die konventionell nicht zu lösen sind“, wie er betonte. Außerdem reagiere die Forschung nur auf Nachfrage: „Wir setzen die Grüne Gentechnik so ein, dass sie Probleme löst, die an uns herangetragen werden.“ Als Beispiele nannte er Erbsenpflanzen in Äthiopien, die gegen bestimmte Insekten resistent gemacht wurden – die Alternative zu dieser Veränderung im Genpool wäre der Einsatz von Insektiziden, „die bei uns aus gutem Grund verboten sind“. Als weiteres Beispiel führte er die Entwicklung von gentechnisch veränderten Ackerbohnen für Ägypten an, die trockentolerant sind und auch drei Wochen ohne Wasser auskommen können. In einem Land, das durch den Klimawandel noch trockener werden wird, sei dies eine „unverzichtbare Entwicklung“.

Dr.  Felix Prinz zu Löwenstein in seiner Funktion unter anderem als Biobauer, als Vorstandsvorsitzender des Bunds ökologische Lebensmittelwirtschaft und Mitglied des MISEREOR-Beirats, rückt in den Fokus seiner Ablehnung der Grünen Gentechnik die Gefahren, die davon ausgehen: „Das Problem ist, sie betrifft auch diejenigen, die sie nicht wollen“, argumentierte er, „denn sie findet in der offenen Natur statt und bietet keine Möglichkeit der Rückholung“. Zudem bezweifelt er, dass die Grüne Gentechnik ein „wichtiges Instrument für die Welternährung“ sei, angesichts von Lebensmittelverschwendung in der gesamten Welt und dem Rückgang von fruchtbaren Böden, unter anderem durch Versalzung und Erosion.

Prof. Dr. Christian Kummer SJ, der an der Hochschule für Philosophie, München, Naturphilosophie lehrt, lenkte den Blick auf die Begriffe „Schöpfung und Verantwortbarkeit“.  Gentechnik ist aus seiner Überzeugung verantwortbar, da sie kein „Hineinpfuschen ins Handwerk des Schöpfers“ darstelle und keine Lebewesen künstlich erzeuge, sondern sie lediglich verändere. Laut Kummer müsse die „Schöpfung in Evolution gedacht“ werden, und dabei sei es Aufgabe des  Menschen, in der kontinuierlichen Veränderung der Schöpfung eine aktive Rolle einzunehmen: Der Mensch als freies Geschöpf habe „eine gewisse Einsicht und eine Verantwortung für einen Gesamtzusammenhang“ wahrzunehmen und die ihm übertragene Freiheit aktiv auszugestalten. Dass Grüne Gentechnik jedoch einen Beitrag zur Welternährung leiste, bezweifelt er – und ob die Folgeprobleme der Grünen Gentechnik verantwortbar seien, sei eine andere Frage, „über die man stundenlang diskutieren kann.“

Dr.  Felix Prinz zu Löwenstein rückte neben den Risiken auch die Lage der Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern in den Fokus der Diskussion. Sie tragen einen Großteil zur Ernährung der Weltbevölkerung bei, sitzen gleichzeitig jedoch in der Schuldenfalle durch die Patentierung von Saatgut, das sie teuer kaufen müssen – noch dazu belastet durch hohe Zinsen. Die Biobauer und Kritiker der Gentechnik im Publikum waren sich einig, dass eine Angleichung von Patent- und Sortenschutzrechten auch im Bereich gentechnisch veränderter Pflanzen angestrebt werden muss. Wege zur Einschränkung der Machtposition der wenigen Saatguthersteller, die den Markt weltweit kontrollieren, und Abhängigkeiten bei den Kleinbauern erzeugen, konnten jedoch nicht aufgezeigt werden.

Wohl aber hatten alle drei Podiumsteilnehmer eine Vorstellung davon, wie sie den von Moderator Jonas Pavelka vorgegebenen Halbsatz als Abschluss der Debatte vervollständigen können. Dr. zu Löwenstein ergänzte den Satz: „Wir können einen verantwortbaren Beitrag zur Bekämpfung des weltweiten Hungers leisten, indem wir ….“ mit der Aussage: „… indem wir das Augenmerk auf die Bedürfnisse der Kleinbauern richten“., Prof. Jacobsen fügte hinzu, dies müsse „ideologiefrei und offen“ geschehen. Und Prof. Kummer SJ meinte, der Beitrag werde geleistet, indem „wir auf Aufklärung setzen und an der Rationalität der Menschen nicht verzweifeln“.