Auslandspfarrer feiern Weihnachten unter Palmen und in klirrender Kälte – Drei Erfahrungsberichte

Weihnachten in Mexiko, Norwegen und Russland, unter Palmen und in klirrender Kälte: Gottesdienste weit weg von der Pfalz mit ihren vertrauten Bräuchen erleben in diesen Tagen die Pfälzer Pfarrer Karoline Faber, Thomas Vieweg und Marc Reusch mit ihren Familien.

Faber betreut die lutherische Gemeinde Tangen im norwegischen Drammen. Der ehemalige Dekan des früheren Kirchenbezirks Kirchheimbolanden, Thomas Vieweg, ist Pfarrer der Evangelischen-Lutherischen Propstei Kaliningrad und Propst-Stellvertreter. Marc Reusch war vor seinem Wechsel an die Evangelisch-Lutherische Gemeinde Deutscher Sprache in Mexiko Pfarrer an der Speyerer Dreifaltigkeitskirche. Sie schildern im Folgenden ihre Eindrücke, Wünsche und Hoffnungen.

Karoline Faber stammt aus Kaiserslautern und ist seit 2009 Pfarrerin in Drammen. Verheiratet ist sie mit dem Norweger Thorbjørn Geirbo. Das Ehepaar hat zwei Kinder: Karl August (3) und Johanne (11 Monate). Die 34-Jährige schreibt u.a.: Advent und Weihnachten brauchen wir hier im winterlichen Dunkel besonders. Weihnachten ist vielleicht das ‚skandinavischste‘ Fest von allen. Es ist die Hochzeit der Traditionen und Bräuche, auch in Norwegen. In diesem riesigen Land, in dem nur wenige Menschen wohnen, werden alle zur selben Zeit dasselbe tun. Das Heim aufmöbeln, dekorieren, Kerzen anzünden, rote Weihnachtsgardinen aufhängen, die Familie sammeln, trinken und essen, Kälte und Dunkelheit aussperren, um den Weihnachtsbaum tanzen. Die Kehrseite der Medaille ist eine ausgewachsene Weihnachtshysterie: Alles soll perfekt sein. Aber viele, viele werden sich freuen am Kind in der Krippe und dem Licht, das für das Volk im Dunkeln scheint.

Für mich und für uns in der Kirchengemeinde wird es auch im neuen Jahr wieder darum gehen, zu versuchen, Zeit zu haben und so der allgemeinen Zeitknappheit etwas entgegen zu setzen. Sich selbst darin zu üben, nicht immer das Neueste, Teuerste und Beste haben zu müssen. Andere Menschen zu finden, die noch den Willen und die Zeit haben, gemeinsam Kirche zu sein. Die die Schönheit sehen in einer Gemeinschaft, in der die Generationen einander auch über den Zusammenhang der eigenen Familie hinaus begegnen. Die offen ist für Fremde und auch hinter die Fassaden schaut. In der der Menschenwert nicht nach Arbeit und Einkommen und Besitz bewertet wird. In der wir Nachbarschaft und Hilfsbereitschaft pflegen. Menschen suchen und finden, die noch einen Himmel über ihrem Leben brauchen, und die noch Sehnsüchte haben, obwohl sie sonst schon das Meiste besitzen.

Marc Reusch ist seit April 2013 Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Deutscher Sprache in Mexiko. Der 52-Jährige ist mit der Bolivianerin Marcia Reusch verheiratet und hat zwei Töchter, Sirka und Chaska. Er schildert u.a. Folgendes: Wir sind gespannt auf unser erstes Weihnachtsfest in Mexiko. Das Einleben in dieser Wahnsinnsstadt mit 22 bis 23 Millionen Einwohnern hat schon Kraft gekostet und Zeit gebraucht. Nun also das erste Weihnachten. Neben den Advents- und Weihnachtsgottesdiensten in der Heilig-Geist-Kirche bin ich noch viel im Land unterwegs – in den sechs Filialgemeinden, mit dem Auto und dem Flugzeug. Von Monterrey im Norden, wo es vor vielen Jahren sogar noch eine eigene deutschsprachige Pfarrstelle gab, bis nach Tapachula an der Grenze zu Guatemala, wo Deutsche und Schweizer im Kaffeeanbau tätig sind, halte ich Gottesdienste, unterrichte Konfirmanden, besuche Menschen und biete Gesprächsabende an. In der Familie wird es spannend, wie wir weihnachtliche Gefühle entwickeln, bei Temperaturen tagsüber deutlich über 20 Grad. Die Weihnachtssterne blühen zwar als Sträucher im Garten, aber der Adventskranz war schon am 2. Advent brottrocken.

Als Gemeinde haben wir uns aufgemacht, uns auf Facebook und im Internet neu zu präsentieren, auch Jüngere und auf Zeit ins Land kommende Familien für unsere Gemeinde zu interessieren und zu sehen, wie wir uns sinnvoll sozial-diakonisch engagieren können. Das sind Projekte, die uns auch über den Jahreswechsel hinaus beschäftigen werden. Im nächsten Sommer findet dann in Berlin die Auslandspfarrkonferenz statt, in deren Anschluss ich auch in die Pfalz kommen werde, worauf ich mich schon freue.

Thomas Vieweg und seine Frau Monika sind seit August 2012 in Kaliningrad/Königsberg in der Oblast Kaliningrad (früher Nordostpreussen). Er schreibt: Weihnachten – hier ist alles anders. Wir feiern dieses Fest der Geburt Jesu in einem ganz anderen gesellschaftlichen Kontext: orthodox, postsowjetisch, atheistisch. Die Gemeinde kommt am Abend zum Gottesdienst. Hinter ihnen liegt ein ganz normaler Arbeits- und Schultag. Die Geschäfte schließen nicht, der normale Auto-Stau schleppt sich durch die Stadt. Die Menschen kommen nur langsam zur Ruhe. Und doch gelingt es immer wieder: Wir feiern Gottesdienst in (westeuropäischer) Tradition: Weihnachtslieder in deutscher und russischer Sprache, Kinder führen das Krippenspiel auf, der (echte) Weihnachtsbaum duftet und die Kerzen leuchten in den dunklen Kirchenraum, die Weihnachtsgeschichte wird gelesen, der Chor singt. Die Gemeinde lässt sich gerne auf diese Tradition ein: Wie eine Insel inmitten von hartem Alltag, kaltem Kapitalismus und Bankenkrise. Und dann, das Wichtigste: Nach dem Gottesdienst bleibt man zusammen und feiert bei Tee, Kaffee und Weihnachtsgebäck in der Kirche das Weihnachtsfest. Jeder bringt etwas mit: Belegte Brote und Salate. Die Kinder bekommen eine kleine Überraschung, Weihnachtslieder werden gesungen und es wird viel gelacht. Man hat sich besonders schön gemacht: Es ist Weihnachten. Dieser bewusste Kontrast der evangelisch-lutherischen Gemeinde ist gewollt. Wir sind Lutheraner und feiern unsere Tradition.

Der Winter im ehemaligen Nordostpreußen ist hart und lang. Die Straßen sind glatt und schlecht. Eine warme Stube ist da wunderbar. Besonders im Osten unserer Propstei herrscht Armut in den Dörfern und Gemeinden. Es ist ergreifend, hier die Weihnachtsgeschichte zu lesen und zu hören. Es berührt meine Frau Monika und mich immer wieder von Neuem: Hier fühlt man etwas von der Sehnsucht nach Trost und Halt. Und die Weihnachtsgeschichte ist einfach die gute Botschaft, eben das Evangelium: Gott kommt als Kind in Armut auf die Erde.