Lebhafte Madagaskar-Wohngemeinschaft im Zoo Heidelberg. Rotbauchmakis und Ringelschwanzmungos leben nun einträchtig zusammen

Rotbauchmakis erkunden mit großen Augen ihr neues Zuhause.

In den östlichen Regenwäldern Madagaskars teilen sich Rotbauchmakis und Ringelschwanzmungos ihren Lebensraum. In zoologischen Gärten sind derartige Wohngemeinschaften hingegen etwas ganz Besonderes. Lediglich im „Newquay Zoo“ in England und im „Bronx Zoo“ in New York waren bislang Makis gemeinsam mit Mungos zu sehen – und nun auch im Zoo Heidelberg: Vor drei Wochen zogen die beiden Rotbauchmakis vom Vogel- ins Raubtierrevier, um dort der quirligen Ringelschwanzmungo-Dame „Marie-Luise“ Gesellschaft zu leisten. Die Wohngemeinschaft entwickelt sich zur Freude der Zoomitarbeiter sehr harmonisch.

Die beiden Rotbauchmaki-Schwestern kamen bereits 2011 aus dem Zoo Verona nach Heidelberg, um im vergangenen Jahr mit den ebenfalls auf Madagaskar heimischen Gürtelvaris eine reine Lemuren-Wohngemeinschaft zu gründen. Nach einer Weile hing der Haussegen allerdings mächtig schief – eben fast wie im „richtigen“ WG-Leben. Die Varis wurden auf Dauer zu dominant. Deshalb entschieden die Tierpfleger, dass für die beiden Rotbauchmakis ein angenehmerer Platz gefunden werden sollte.

Anfang des Monats bezogen die beiden Schwestern ihr neues Domizil im Raubtierrevier, wo ihnen neben einem gemütlichen Innengehege auch ein abwechslungsreich gestalteter Außenbereich mit viel Bambus zur Verfügung steht. Das großzügige Gehege wurde bislang alleine von Mungoweibchen „Marie-Luise“ bewohnt und bietet viel Platz sowie zahlreiche Klettermöglichkeiten.

Nach einigen Tagen der Eingewöhnung war es dann soweit: Jörg Kubacki, Leiter des Robben- und Raubtierreviers, öffnete im kleinen Raubtierhaus den Schieber zwischen den beiden Innengehegen. Die neugierigen Makis inspizierten alsbald mit großen Augen das neue Terrain, während sich Marie-Luise anfangs noch in vornehmer Zurückhaltung übte und es vorzog, das Geschehen von einem erhöht angebrachten Sitzbrett aus zu beobachten. In den folgenden Tagen durften die Tiere, unter Aufsicht der Tierpfleger und wissenschaftlich begleitet von einer Biologin, täglich mehrere Stunden gemeinsam verbringen. Eine intensive Überwachung ist bei Tier-Vergesellschaftung gerade zu Beginn unerlässlich, um bei etwaigen Revier- oder Futterstreitigkeiten unverzüglich eingreifen zu können. In der neuen Maki-Mungo-WG verlief jedoch alles reibungslos, was sogar den erfahrenen Tierpfleger Jörg Kubacki etwas überraschte – im positiven Sinne. „Die neue Situation stellt für beide Tierarten eine große Bereicherung dar, insbesondere die beiden Lemuren blühen richtig auf“, freut sich Kubacki. Seit Kurzem sind die seltenen Rotbauchmakis nun auch auf der Außenanlage gemeinsam zu sehen. Wenn sie nicht gerade kletternd oder springend ihr neues Zuhause erkunden, kann man sie eng aneinander gekuschelt beobachten, dicht umschlungen von ihren langen, buschigen Schwänzen. Und „Marie-Luise“? Sie flitzt in gewohnter Manier über Stock und Stein.

Im Zoo Heidelberg leben mit den Rotbauchmakis und Gürtelvaris zwei der insgesamt über 50 Lemurenarten. Beide sind in ihrer Heimat derart bedroht, dass sie im Rahmen europäischer Erhaltungszuchtprogramme (EEP’s) in Zoos gezüchtet werden, woran sich auch der Heidelberg Zoo beteiligt. Der Name dieser Tiere leitet sich von den „Lemures“, die in der römischen Religion die Geister von Verstorbenen waren. Der Bezeichnung spielt auf die oft nächtliche Lebensweise dieser Tiere ab und auf ihre großen, intensiv blickenden und leuchtenden Augen. Als weitere Vertreter der madagassischen Tierwelt sind auch die seltenen Fossas (die Fossa ist das größte Raubtier Madagaskars) und Bernier-Enten in Heidelberg zu sehen.

Infokasten Madagaskar:

Die Insel Madagaskar liegt vor der Ostküste Afrikas und ist einer von 34 sogenannten „Biodiversitäts-Hotspots“ auf der Erde – allesamt einzigartige, stark bedrohte Lebensräume mit einer enormen Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten. Viele dieser Arten kommen ausschließlich im jeweiligen Gebiet vor und sind mittlerweile oftmals vom Aussterben bedroht. Auch auf Madagaskar wurden bereits riesige Waldgebiete für Holzindustrie, Ackerflächen und Viehzucht gerodet. Mit der fortschreitenden Zerstörung der Regenwälder verschwindet aber auch der Lebensraum ihrer tierischen und pflanzlichen Bewohner – beispielsweise der Lemuren, einer besonderen Gruppe von Primaten, die ausschließlich auf Madagaskar beheimatet sind.